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Politik: UN: Wohnortzwang für Flüchtlinge völkerrechtswidrig

Berlin - Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) hält die Praxis der deutschen Behörden, Flüchtlingen die freie Wahl ihres Wohnortes zu verwehren, wenn sie Sozialleistungen beziehen, für völkerrechtswidrig. In einem am Freitag veröffentlichten Gutachten kritisiert der UNHCR, dass Wohnortauflagen für Flüchtlinge, die Sozialhilfe oder Mittel aus dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen und auch gegen das Europarecht.

Berlin - Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) hält die Praxis der deutschen Behörden, Flüchtlingen die freie Wahl ihres Wohnortes zu verwehren, wenn sie Sozialleistungen beziehen, für völkerrechtswidrig. In einem am Freitag veröffentlichten Gutachten kritisiert der UNHCR, dass Wohnortauflagen für Flüchtlinge, die Sozialhilfe oder Mittel aus dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen und auch gegen das Europarecht. Das Bundesinnenministerium nahm nicht Stellung zu den Vorwürfen, „da in dieser Angelegenheit ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig ist“.

In einem 15-seitigen Gutachten begründet der UNHCR seine Position. Das Argument der Länder, die eine „unkontrollierte Binnenwanderung von auf öffentliche Leistungen angewiesenen ausländischen Staatsbürgern verhindern“ wollten, um eine „Verschiebung von Sozialhilfelasten zwischen den Ländern und Gemeinden“ zu vermeiden, hält der UNHCR für wenig überzeugend. Schon im Jahr 2000 habe das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung darauf hingewiesen, dass es die Möglichkeit gebe, durch Erstattungsansprüche einen innerstaatlichen Lastenausgleich zu ermöglichen, der „nicht mit den völkervertragsrechtlichen Pflichten kollidiert“.

Der UNHCR wendet sich insbesondere gegen die Regelungen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen, wo Flüchtlingen sogar vorgeschrieben wird, dass sie eine Gemeinde nicht verlassen dürfen. Diese „Praxis stellt sich als ernstes Integrationshindernis dar“, heißt es in dem Gutachten. Arbeitgeber könnten die „Eintragung der Wohnsitzauflage im Pass rechtlich oft nicht einordnen“, damit sinke die Chance der Flüchtlinge, eine Arbeit zu finden.Wohnsitzauflagen stellten einen „sehr weitgehenden Eingriff dar, der die Aufrechterhaltung familiärer und freundschaftlicher Bindungen für einen nicht von vornherein beschränkten Zeitraum erschwert oder gar unmöglich macht“. All das sei nicht zu rechtfertigen mit dem Argument, die Länder müssten vor einseitigen Soziallasten geschützt werden. deh

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