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EU-Ratspräsident begrüßt Li Keqiang, Ministerpräsident von China.

© Francisco Seco/AP/dpa

China und die EU verbünden sich: Vereint gegen die US-Abrissbirne

China und die EU werden sich wohl gemeinsam zum Multilateralismus bekennen. Das verdeutlicht: Die globalen Interessen haben sich verschoben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Wer hätte ein solches Verhandlungsziel bei Gesprächen zwischen China und der Europäischen Union noch vor zehn Jahren erwartet: ein gemeinsames Bekenntnis zu einer multilateralen Weltordnung mit den Vereinten Nationen als gemeinsamem Vermittler, und ein Ja zum Pariser Klimaabkommen? Jetzt hat beides gute Chancen, in einer Abschlusserklärung am Ende des EU-China-Gipfels in Brüssel zu stehen.

Ist das als Ergebnis einer Verschiebung der globalen Interessen zwischen beiden Seiten schon überraschend genug, wirkt ein zweiter Aspekt geradezu grundstürzend. Ein solches Abkommen wäre heute zwischen den traditionellen Partnern USA und Europa nahezu ausgeschlossen, weil der amerikanische Präsident das Klimaabkommen für obsolet erklärt und nicht bereit ist, sich Moderationsversuchen bei den UN zu beugen.

Unverhandelbare Differenzen

Dennoch muss man vor der Illusion warnen, China und die EU seien sich heute näher als Europa und die Vereinigten Staaten. Das Regime in Peking wird sich weder westliche Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit noch von Demokratie und Gewaltenteilung zu eigen machen. Die politischen Differenzen zwischen beiden sind unverhandelbar. Aber auch hier gilt wieder das alte Prinzip der Brandtschen Ostpolitik der Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Mit der Annäherung zu warten, bis ein Wandel eingetreten ist, bedeutet nicht nur Stillstand, sondern Rückschritt. Nur die Annäherung selbst kann zu Wandel führen.

Und die Wirtschaftsverbindungen zwischen beiden Seiten sind inzwischen so stark, dass sie sowohl für China wie für Europa – und hier vor allem für Deutschland und Frankreich – substantiell geworden sind. Keine Seite wird sie wegen eines Streits etwa über den besitzergreifenden Charakter der Seidenstraße oder die chinesische Einkaufspolitik in europäische Schlüsselindustrien aufs Spiel setzen.

Ganz im Gegenteil: Die Distanz zur Trumpschen Politik mit der Abrissbirne eint Brüssel und Peking.  Beide Seiten haben den geschmeidigen Umgang mit solchen Differenzen gelernt. Ein disruptives Entweder-Oder  in den Beziehungen wird es kaum geben. Und für die Wirtschaft beider Seiten gilt die Erkenntnis, dass es besser ist, mit 50 Prozent dabei zu sein, als zu 100 Prozent überhaupt nicht.

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