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Wolfgang P. soll einen Beamten erschossen haben.

© dpa/ Daniel Karmann

Prozess in Nürnberg: Verteidiger bestreiten Mordabsicht von mutmaßlichem Reichsbürger

Wolfgang P. erschoss im vergangenen Oktober bei einer Waffenrazzia einen SEK-Beamten. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Mordplan, die Verteidigung von fahrlässiger Tötung.

Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth hat am Dienstag der Mordprozess gegen einen mutmaßlichen Anhänger der sogenannten Reichsbürger begonnen. Dieser soll im vergangenen Oktober im fränkischen Georgensgmünd bei einer Waffenrazzia einen Polizisten eines Sondereinsatzkommandos erschossen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 49 Jahre alten Wolfgang P. Mord vor. Außerdem ist P. wegen dreifachen versuchten Mordes und zwei Fällen von gefährlicher Körperverletzung angeklagt, weil er weitere Schüsse auf andere Polizisten abgegeben haben soll.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft schoss P. nach einem bereits mindestens zwei Monate vorher gefassten Mordplan auf die Polizisten. Er habe absichtlich aus dem Hinterhalt "Schüsse mit der Folge möglichst vieler tödlicher Verletzungen" abgeben wollen, um dadurch Polizisten in ihrer Eigenschaft als Amtsträger möglichst zu töten, heißt es in der Anklage. Anschließend habe er sich ergeben und auf einen angeblich vorgestellten Einbruch berufen wollen, um Notwehr vorzugaukeln.

Keine Äußerung zu Tatvorwürfen

P. äußerte sich weder zu den Tatvorwürfen noch auf wiederholte Nachfragen des Gerichts zu seinen Personalien. "Ich mache keine Angaben, weil ich nicht weiß, wie man mich hier nennt", sagte der seit der Tat in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte. Er bestätigte, dass "die Person" anwesend sei, und bezeichnete sich selbst in der dritten Person als Wolfgang.

Am Rande des Prozesses bestritten P.s Verteidiger sowohl eine Tötungsabsicht als auch eine Zugehörigkeit ihres Mandanten zu den Reichsbürgern. P. sei mitnichten Anhänger der Reichsbürger, sagte Verteidigerin Susanne Koller. "Als solcher würde er sich nicht bezeichnen." Die Schüsse seien gefallen, weil ihr Mandant bei einem "dilettantisch" ausgeführten Polizeieinsatz durch einen Angriff auf sein Haus von drei Seiten im Schlaf überrascht worden sei.

Er habe nicht gewusst, dass es sich um Polizisten handle. Einen Mordtatbestand können wir beim besten Willen nicht erkennen", sagte Koller. Ohne die Beweisaufnahme vorweg zu nehmen, könne es am Ende allenfalls um eine fahrlässige Tötung gehen. Ihr Mandant bedaure den Tod des 32 Jahre alten Polizisten zutiefst.

Angst vor Drittem Weltkrieg

Ein psychiatrischer Gutachter berichtete, auch ihm gegenüber habe P. eine Tötungsabsicht bestritten. Er habe nach seinen Angaben gedacht, dass der Dritte Weltkrieg ausbreche und deshalb geschossen. Nach den islamistisch motivierten Anschlägen von Würzburg und Ansbach habe er das Gefühl gehabt, die Gefahr komme näher. Seine etwa 30 Waffen habe er zur Selbstverteidigung gehabt. P. habe auch tausend Liter Diesel und Lebensmittel für etwaige Notlagen in seinem Haus gehortet.

Der Rechtsbeistand der Familie des erschossenen Polizisten, Monika Goller, nannte es "überhaupt nicht glaubwürdig", dass P. kein Reichsbürger sei. Auch die Behauptung, er habe den Polizeieinsatz als solchen nicht erkannt, sei eine Schutzbehauptung. Dies ergebe sich auch aus den Akten.

Für den Prozess sind zunächst zwölf Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt. Seit den Schüssen von Georgensgmünd gibt es bundesweit ein schärferes Vorgehen gegen die Reichsbürgerbewegung, die die Bundesrepublik und ihre staatlichen Organe nicht anerkennt. Im Juni beschloss die Innenministerkonferenz, dass die zu diesem Zeitpunkt deutschlandweit auf 12.600 Reichsbürger bezifferte Szene entwaffnet werden soll. (AFP)

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