
© IMAGO//Juliane Sonntag
Verteidigungsminister Pistorius: „Europa zu verlieren, wäre ein fataler sicherheitspolitischer Fehler der USA“
Dass die USA einmal die westeuropäische Lebensart attackieren würden, hätte vor zehn Jahren niemand geglaubt, sagt Boris Pistorius. Europa habe auch allein „eine hohe Truppenstärke“ – doch es gibt Lücken.
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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) appelliert an die USA, am transatlantischen Bündnis festzuhalten. „Europa zu verlieren, wäre ein fataler sicherheitspolitischer und außenpolitischer Fehler der USA“, erklärte er in einem Interview mit der „Zeit“ mit Blick auf die radikale neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA. „Dass die USA einmal die AfD und die rechten Kräfte in Europa stärken und die westeuropäische Lebensart attackieren würden – vor zehn Jahren hätte das niemand geglaubt“.
Zugleich hätte Europa auch ohne die USA „eine hohe Truppenstärke“, sei „konventionell gut ausgestattet“, entwickle und produziere immer mehr Waffensysteme gemeinsam. Dennoch gebe es noch Lücken, etwa bei der konventionellen Gegenschlagsfähigkeit im Falle eines Angriffs russischer Mittelstreckenraketen aus Kaliningrad. Den USA müsse klar sein, „dass wir gemeinsam stärker sind und dass ein starkes, verteidigungsbereites Europa auch für die USA unverzichtbar ist“.
Putin „noch nicht mal zu einem Waffenstillstand bereit“
Eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr an einer Friedenstruppe in der Ukraine vorerst für „hypothetische Überlegungen“. Der russische Präsident Wladimir Putin sei „noch nicht mal zu einem Waffenstillstand bereit“, sagte Pistorius. Die Europäer hätten bereits „ihre grundsätzliche Bereitschaft“ zu einer „von Europa geführten Truppe“ erklärt.
„Der Einzige, der den Krieg sofort beenden könnte, ist Wladimir Putin“
Verteidigungsminister Boris Pistorius
Damit sei klar: „Jetzt sind die USA am Zug“. Sie müssten sich maßgeblich an Sicherheitsgarantien beteiligen. „Gemeinsam haben wir eine enorme Abschreckungskraft“, betont Pistorius. Er zeigt sich skeptisch, ob die Verhandlungen zwischen Europäern, der Ukraine und den USA in der vergangenen Wochen einen Frieden in der Ukraine tatsächlich näher gebracht haben. „Der Einzige, der den Krieg sofort beenden könnte, ist Wladimir Putin“, betont Pistorius.
Trotz der Bemühungen um einen Waffenstillstand gebe es „keine Anzeichen aus Moskau“ dafür. Dennoch seien die Verhandlungen wichtig gewesen. „Kanzler Merz hat klar gemacht, dass die Europäer bei den Verhandlungen zur Zukunft der Ukraine ein Wörtchen mitzureden haben.“
Bei Begegnungen mit Schülern sage er stets: „Denk daran, wie du hier lebst“
In Deutschland sei die „sicherheitspolitische Lage so prekär wie seit 80 Jahren nicht mehr“, sagt Pistorius. Bei Begegnungen mit Schülern sage er daher stets: „Denk daran, wie du hier lebst. Du kannst lieben, wen du willst. Du kannst studieren, was du willst und demonstrieren, wofür oder wogegen du willst.“ Es lohne sich, „für dieses Leben in Freiheit“ einzustehen und ein paar Monate Dienst zu leisten.
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Mit Blick auf die anhaltenden Streitigkeiten in der Regierungskoalition erklärte Pistorius: „Die Erwartung, dass eine Koalition aus 15 Prozent SPD und 29 Prozent CDU in diesen Zeiten ohne Diskussionen Entscheidungen trifft, ist weltfremd. Erstens gibt es große kulturelle Unterschiede zwischen beiden Parteien. Und zweitens ist auch eine gewisse Nervosität zu spüren, was die Stabilität der Demokratie angeht“. Er kritisierte, dass „jede Diskussion medial zum Zoff gemacht wird, um Klickzahlen zu generieren“. Da brauche man sich „über das negative Bild bei den Wählern nicht wundern“. (jmi)
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