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Politik: Von Reue keine Spur

Terrorist „Carlos“ in Paris erneut verurteilt.

Paris - Fast wäre er in Tränen ausgebrochen. Doch die Rührung, die Ilich Ramirez Sanchez, alias „Carlos“, am Ende seines fünfstündigen Schlussworts im Prozess vor dem Pariser Schwurgericht überkam, galt nicht den Opfern seiner Taten, sondern einem Mann, „der mehr als wir alle für die Revolution in der Welt getan hat – Muammar al Gaddafi“. Unter Schluchzen las der Venezolaner aus dessem angeblichen Testament auf Arabisch vor. Dann schloss er mit erhobener Faust und den Rufen „Allah Akbar“ – „Vive la Révolution“.

Vier Stunden später verkündete das Gericht am späten Donnerstagabend das Urteil: eine weitere lebenslängliche Strafe für den einstigen Top-Terroristen, der bereits seit 1997 wegen der Ermordung zweier Polizisten und eines V-Mannes zur Höchststrafe verurteilt worden war. Diesmal erging die Höchststrafe für die 1982/83 begangenen Attentate gegen den Schnellzug Paris–Toulouse, den Sitz der Zeitung „al Watan“ in Paris, den Hochgeschwindigkeitszug TGV Paris–Marseille und den Marseiller Bahnhof St. Charles, die damals elf Personen in den Tod rissen.

Die Anklage sah in „Carlos“ den Auftraggeber der Anschläge, mit denen er seine damalige Gefährtin Magdalena Kopp und einen Schweizer Kumpanen freipressen wollte. Zusätzlich verhängte das Gericht eine Sicherheitsverwahrung von 18 Jahren. „Carlos’“ Anwältin Isabelle Coutant-Peyre, die im Gefängnis seine dritte Ehefrau wurde, kündigte Berufung gegen das „skandalöse“ Urteil an.

In Abwesenheit erhielten auch zwei Mitangeklagte, der flüchtige Palästinenser Ali Kama al Assawi und der bereits in Deutschland wegen anderer Taten verurteilte Johannes Weinrich lebenslange Strafen. Gegen den Haftantrag der Staatsanwaltschaft wurde indes die ebenfalls abwesende Deutsche Margot Fröhlich freigesprochen.

Reue hatte „Carlos“ im Verlauf des sechswöchigen Verfahrens nicht gezeigt. Den Prozess nannte er eine „Komödie“. In seinem Schlusswort übernahm er die „politische und militärische Verantwortung“ für alle Attentate, die für die „palästinensische Sache“ begangen worden seien. Mit den ihm zur Last gelegten „blutigen Anschlägen“ habe er jedoch nichts zu tun. „Carlos’“ Fazit: „Ich schäme mich für nichts.“Hans-Hagen Bremer

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