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Online-Durchsuchungen: Wer zuletzt hackt

Die Union ist für Online-Durchsuchungen, Teile der SPD auch – und doch ist die Einigung schwierig.

Von Robert Birnbaum

Wolfgang Bosbach ist sauer und macht kein Hehl daraus. „Gar nix“ werde sich bewegen, wenn sich am Freitag die Unterhändler von CDU/CSU und SPD zur dritten Verhandlungsrunde über die Einführung einer Online-Durchsuchung treffen, sagt der Chef-Innenpolitiker der Union voraus. Sein Gegenüber von der SPD widerspricht der Prognose nicht: „Wir sind noch ganz am Anfang“, sagt der Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz. Er klingt dabei gar nicht sauer, sondern eher betont gelassen.

Die Differenz der Klangfarben steht für den derzeit massivsten offenen Koalitionskonflikt. Seit Monaten drängt die Union, ihr Innenminister Wolfgang Schäuble an der Spitze, auf rasche Formulierung eines Gesetzes, das die Durchsuchung von Computern Terrorverdächtiger per Internetattacke erlauben soll. Der Koalitionspartner aber sperrt sich. Und wie kaum anders zu erwarten, schieben beide Seiten sich den Schwarzen Peter für die Blockade gegenseitig zu. „Die SPD sagt nicht Ja, die SPD sagt nicht Nein, die SPD sagt, dass das alles ganz schwierig sei“, ärgert sich Bosbach. Wiefelspütz widerspricht auch hier nicht, erklärt die Langsamkeit aber zur Tugend und das Drängen der Union für leichtfertig – leichtfertig in der Sache, leichtfertig aber auch polit-psychologisch. „Wenn Schäuble so weitermacht wie vor der Sommerpause, dann fährt er alles gegen die Wand“, sagt der SPD-Politiker.

Das Verzwickte an dieser Warnung ist: Wiefelspütz wäre ein Scheitern der Gespräche nicht recht – anderen in seiner Partei aber sehr wohl. Während die Union praktisch geschlossen hinter Schäuble steht und mit zwei fertigen Gesetzentwürfen in die Gespräche geht – einem mit, einem ohne Grundgesetzänderung –, ist die SPD gespalten. Pragmatiker wie Wiefelspütz verweisen darauf, dass alle Sicherheitsdienste das neue Instrument fordern und dass neue technische Möglichkeiten der Kommunikation eben auch neue technische Möglichkeiten für die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung notwendig machen. Andere, etwa der Berliner Innenpolitiker Klaus-Uwe Benneter, gelten als prinzipielle Gegner der neuartigen Computerausspähung. Dieser Binnenkonflikt macht die Einigung schwieriger als sie ohnehin ist. Beide Seiten halten schon deshalb vor dem SPD-Parteitag im November keine echte Annäherung für denkbar.

Wiefelspütz plädiert obendrein dafür, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema abzuwarten, das in etwa einem halben Jahr erwartet wird. Dahinter steckt nicht nur die Überlegung, dass es keinen Sinn hat, ein Gesetz zu machen, das womöglich noch vor der Verabschiedung in Karlsruhe verworfen würde. Dahinter steckt erkennbar auch die taktische Erwägung, dass die prinzipiellen Widerstände in den eigenen Reihen nur mit dem Urteil in der Hand zu überwinden sind. In der Union sehen sie das Dilemma, mögen sich den Stiefel aber nicht mit anziehen: Die SPD müsse sich entscheiden, sagt Bosbach.

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