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Politik: „Wir verhandeln erst, wenn Mubarak abgedankt hat“

Ein Vertreter der ägyptischen „Jugend der Revolution“ über die Forderungen der Demonstranten und die Haltung zum Westen

Herr Elelaimy, immer noch protestieren Hunderttausende auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Sie gehören zu denen, die die Proteste ins Laufen gebracht haben. Haben Sie Hoffnung, Ihre Ziele erreichen zu können?

Wie es am Ende ausgeht, kann ich wirklich nicht sagen. Das hängt vor allem davon ab, wie sich das Militär positioniert. Präsident Mubarak kann immer noch auf die Loyalität der obersten Generäle zählen. Aber falls Mubarak abtritt, haben wir eine Chance.

Dass Mubarak abdankt, ist Ihre Hauptforderung?

Nein, aber es muss der erste Schritt sein – gemeinsam mit der Rücknahme der Notstandsgesetze. Dann brauchen wir natürlich starke Änderungen in der Verfassung und so schnell wie möglich eine Neuwahl des Parlaments.

Es wird häufig gesagt, den Demonstranten fehlten die Anführer. Wie ist die „Jugend der Revolution“ organisiert?

Die Jugendorganisationen haben sich schon eine Woche vor den ersten großen Demonstrationen getroffen. Das sind die Jugendbewegung 6. April, die Bewegung für Gerechtigkeit und Freiheit, die Jugendorganisation der Muslimbrüder, die Jugend der demokratischen Front-Partei und die Kommission zur Unterstützung von el Baradei, in deren Vorstand ich bin. Wir allein haben 15 000 Mitglieder.

Und jetzt sind Sie einer von 14 Vertretern, die für die Protestbewegung sprechen sollen. Wurden Sie dafür gewählt?

Wir sind ja jeweils als Vorstände unserer Organisationen gewählt. Nun haben wird zehn von uns als Vertreter gewählt – sowie zusätzlich vier Vertreter, die zu keiner Organisation gehören, etwa Wael Ghonim, den Marketingleiter von Google im Nahen Osten.

Was sollen diese 14 Vertreter gemeinsam erreichen?

Im Moment wollen wir, dass die Bewegung wächst, dass die Demonstrationen noch größer werden, dass die Menschen streiken. Wir bereiten uns auf Verhandlungen vor, aber wir werden erst verhandeln, wenn Mubarak abgedankt hat.

Ziehen Sie alle an einem Strang?

Auf jeden Fall kämpfen wir alle für die gleiche Sache. Im Detail muss jeder Kompromisse eingehen. Ich hätte zum Beispiel gern die Forderung aufgestellt, die gesamte Verfassung neu zu schreiben. Letztlich hat sich aber die Sicht durchgesetzt, nur einige Abschnitte zu verändern.

Was erwartet die Jugendbewegung von Europa und den USA?

Vor allem von Europa erhoffen wir uns Solidarität. Ich denke, alle würden es begrüßen, wenn die USA dabei helfen würden, das Militär dazu zu bringen, Mubarak rauszuschmeißen. Schließlich wird unser Militär zu einem großen Anteil aus den USA finanziert – sie müssten also Einfluss darauf haben. Wenn Jugendliche zum Westen sagen „lasst uns in Ruhe“, geschieht das aus Enttäuschung darüber, dass die US-Regierung das Regime stützt. All die Werte, die sich im Westen zum Teil gut durchgesetzt haben – Demokratie, Menschenrechte – wollen wir unbedingt. Als Vorbild für uns sehe ich am ehesten ein Land wie Brasilien. Sie haben dieselben wirtschaftlichen Probleme, aber trotzdem ein demokratisches und auch ziviles System. Wir wollen nie wieder einen Präsidenten aus dem Militär!

Der Aufstand wird auch Facebook-Revolution genannt, generell wird dem Internet eine große Rolle zugeschrieben. Was ist dran?

Natürlich ist vor allem Facebook sehr wichtig, weil wir so sehr stark vernetzt sein können. Ohne all das wäre es viel schwieriger gewesen und wohl auch nicht so schnell gegangen.

Das Gespräch führte Karin Schädler.

Zyad Elelaimy (30) ist Anwalt und Vorstandsmitglied der „Baradei-Unterstützungskommission“ in Ägypten. Er ist einer von 14 Vertretern der Jugendbewegung, die die Proteste trägt.

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