
© dpa/Jan-Philipp Strobel
Mitglieder müssen „nordische Abstammung“ nachweisen: Faeser verbietet Neonazi-Sekte „Die Artgemeinschaft“
Die Gruppierung existierte seit 1957 als eingetragener Verein. Noch vor Kurzem veranstaltete sie einen Fackelmarsch und berichtete vom „Urgott der Germanen Tyr“ .
Stand:
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat erneut eine rechtsextremistische Gruppe verboten. Diesmal gingen die Behörden gegen die Gruppe „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ vor. Bei Razzien in 26 Wohnungen in zwölf Bundesländern stellte die Polizei Schusswaffen, ABC-Schutzanzüge, Gold, Bargeld und extremistische Schriften sicher, so Faeser.
Faeser beschrieb die Vereinigung als „sektenartig, zutiefst rassistisch und antisemitisch“. Sie habe versucht, Kinder und Jugendliche zu Verfassungsfeinden zu erziehen, und gefährde die freiheitlich-demokratische Grundordnung in besonderem Maße. Sie wurde vom Innenministerium per Verfügung nach § 3 des Vereinsgesetzes verboten.
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Ein eingetragener Verein mit „Sittengesetz“
Erst vergangene Woche hatte die Ministerin eine andere rechtsextreme Gruppe, die „Hammerskins“, verboten. Die „Artgemeinschaft“ agiere „anders, aber nicht weniger gefährlich“, sagte Faeser.
Laut Innenministerium gehörten der Gruppe etwa 150 Mitglieder an. Diese mussten ihre „nordische Abstammung“ nachweisen. Wenn Mitglieder der Vereinigung heirateten, mussten sie „gleichgeartete“ Gatten wählen, um „gleichgeartete Kinder“ zu gewährleisten. Die germanische „Rasse“ sei anderen Menschen überlegen und müsse sich gegenüber diesen durchsetzen. Dabei sei auch vor Gewalt nicht zurückzuschrecken.
Es ist nicht zu glauben, dass die Gruppe so lang als eingetragener Verein existieren konnte.
Constantin Ganß, Junges Forum der Deutsch-israelischen Gesellschaft
So wird in einem „Sittengesetz“ der Gruppe „Wehrhaftigkeit bis zur Todesverachtung gegen jeden Feind von Familie, Sippe, Land, Volk, germanischer Art und germanischem Glauben“ gefordert. Nicht nur die Ideologie der Rassenlehre, sondern auch die Symbolik und Narrative würden Parallelen zum Nationalsozialismus aufweisen, so das Innenministerium.
An germanischen Feiertagen wurden Feste mit hunderten Anhängern veranstaltet, die dort teilweise mit ihren Familien teilnahmen. 1951 gegründet, war die Gruppe seit 1957 ein eingetragener Verein.
„Es ist nicht zu glauben, dass der Verein so lange als im Vereinsrecht eingetragene Organisation existieren konnte“, sagte Constantin Ganß vom Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft dem Tagesspiegel. Auch bei anderen Organisationen wünscht sich Ganß konsequenteres Durchgreifen: bei der Neonazigruppe „Brigade 8“ oder dem rechtsextremen Portal „PI News“ etwa.
Mehr Druck im Kampf gegen Rechts wünscht sich auch die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan: „Wir müssen endlich die Finanzstrukturen der Rechtsextremisten trockenlegen, ihre Entwaffnung voranbringen und eine konsequente Gesamtstrategie gegen Rechts auflegen.“
Teil von Faesers Verbot war auch, die Webprofile der Gruppe abzuschalten. Die waren allerdings am Mittwoch noch erreichbar. Auf der Facebook-Seite war etwa am Nachmittag noch vom „Urgott der Germanen Tyr“ zu lesen, genauso wie ein Ausflugsbericht von einem Fackelzug. Im Internet scheint die Polizei also noch an ihrem Durchsetzungsvermögen arbeiten zu müssen.
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