zum Hauptinhalt

Politik: Zweifelhafte Übungen, Schlägereien, schlechte Motivation, Intoleranz - Beispiele aus dem Wehrbericht

Immer wieder kommt es in der Bundeswehr in Einzelfällen zu Grundrechtsverstößen durch Vorgesetzte, zu Alkoholmissbrauch und zu sexueller Belästigung. Der Wehrbericht dokumentiert einige Beispiele aus dem AlltagBei einer Übung mussten sich Soldaten bis auf die Unterhose ausziehen, um ihre Kleider als "Gefangene" an "gegnerische Kräfte" abzugeben.

Immer wieder kommt es in der Bundeswehr in Einzelfällen zu Grundrechtsverstößen durch Vorgesetzte, zu Alkoholmissbrauch und zu sexueller Belästigung. Der Wehrbericht dokumentiert einige Beispiele aus dem Alltag

Bei einer Übung mussten sich Soldaten bis auf die Unterhose ausziehen, um ihre Kleider als "Gefangene" an "gegnerische Kräfte" abzugeben. Sie fühlten sich dabei in ihrer Menschenwürde verletzt. Ursprüngliches Ziel der Ausbildung sollte sein, das geschickte Verhandeln mit Gegnern zu üben. Laut Wehrbericht hätte das Szenario seine Wirkung auch dann nicht verfehlt, "wenn man den Übungsteilnehmern lediglich Wert- und Ausrüstungsgegenstände sowie wenige Teile der Bekleidung abgenommen hätte".

Unter Alkoholeinfluss kam es an Bord einer Bundeswehr-Fregatte zu einer Schlägerei. Nach einem Alkohol-Exzess schlug ein Hauptgefreiter einem Obermaaten mit der Faust ins Gesicht und auf den Kopf. Der herbeigerufene Wachhabende an Deck musste Beschimpfungen und Beleidigungen über sich ergehen lassen. Erst der Wachoffizier konnte den Täter zur Räson bringen, der von Vorgesetzten als "herausragend vorbildlicher Soldat" bewertet worden war. Von einer fristlosen Entlassung des Hauptgefreiten aus der Bundeswehr wurde nach langem Hin und Her verzichtet.

In einem Luftwaffengeschwader wurde ein Beispiel schlechter Motivation registriert. Dort waren die Soldaten ständig damit beschäftigt, im Rahmen eines "gesteuerten Ausbaus" Ersatzteile aus Luftfahrzeugen aus-, um- und wieder einzubauen, angeblich um das Geschwader flugfähig zu halten. Trotz des permanenten Ausschlachtens der Flieger, das im Bericht als absurdes Beispiel "sinnloser Tätigkeiten für qualifiziertes Fachpersonal" bezeichnet wird, war nur ein Viertel der Kampfflugzeuge kampfbereit. In einem anderen Lufttransportgeschwader waren gar nur fünf von 23 zugeteilten Flugzeugen tatsächlich einsetzbar. Der Bericht bemängelt hier eine "erheblichen Rückgang der Motivation".

Ein heikles Thema für die Bundeswehr ist ihr Umgang mit Homosexualität. Noch immer werden homosexuelle Soldaten nicht als Ausbilder eingesetzt. Auch die Frage, ob Homosexualität bei einer möglichen Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten eine Rolle spielen darf, ist bislang unklar. Hier wartet die Armee auf eine anstehende obergerichtliche Entscheidung. Für die Zukunft wünscht sich die Wehrbeauftragte, dass sich Bundeswehr und Gesellschaft "mehr als bisher mit dem Gebot der Toleranz und deren Grenzen, die durch das enge Zusammenleben in der militärischen Gemeinschaft gezogen werden", auseinandersetzt.

Die kleinen Probleme zwischenmenschlichen Verhaltens innerhalb der Armee werden auch am Tragen von Schmuck deutlich, das bislang nur Frauen erlaubt ist. Angesichts des Zuwachses weiblichen Personals, aber auch des Wunsches vieler Soldaten, Schmuck im Dienst zu tragen, empfiehlt der Bericht, "Männer und Frauen gleich zu behandeln".

Zur Startseite