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Teuer. Die S-Bahn, eine Tochter der Bahn AG, ist in die Miesen gefahren.

© dpa

Krisen-Unternehmen: 222 Millionen Euro Verlust bei S-Bahn

Das Unternehmen wäre ohne den Mutterkonzern pleite. Und einen planmäßigen Betrieb in Berlin stellt die Geschäftsführung auch erst für das kommende Jahr in Aussicht

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Berlin - Die Berliner S-Bahn wäre ohne die Hilfe des Bahnkonzerns pleite. Dieses Eingeständnis machte am Montag Finanzchef Christian Kayser, als er die Bilanz der S-Bahn für 2010 vorstellte. Es endete mit einer Horrorzahl für das Unternehmen: mit einem Verlust in Höhe von 222,2 Millionen Euro. Bereits im Vorjahr fehlten 92,9 Millionen Euro. An Tariferhöhungen denke das Unternehmen aber trotzdem nicht, sagte S-Bahnchef Peter Buchner. Auf einen planmäßigen Betrieb müssen Fahrgäste noch bis ins Jahr 2012 warten.

Den Verlust muss der Bahnkonzern, der bis 2008 Gewinne aus dem Betrieb der S-Bahn gezogen hatte, voll übernehmen. Das Minus sei vor allem durch die gewährten Freifahrten und Vergünstigungen sowie durch den Aufwand für das Beseitigen von Mängeln an den Zügen verursacht worden, sagte Buchner. Der Aufwand für das „Entschuldigungspaket“, das für alle Fahrgäste des Nahverkehrs in der Stadt und im Umland galt, betrug 113,5 Millionen Euro. Im November gibt es nochmals Freifahrten für Abonnenten.

Für die Instandhaltung der Züge gab die S-Bahn im vergangenen Jahr 128,6 Millionen Euro aus, im ersten Krisenjahr 2009 waren es 141,7 Millionen Euro. 2008, als fast alles noch planmäßig zu laufen schien, hatte das Unternehmen nur knapp 50 Millionen Euro in die Instandhaltung gesteckt.

Weil die S-Bahn nicht die vertraglich vereinbarte Leistung erbringen konnte, kürzte ihr der Senat zudem den Zuschuss um mehr als 60 Millionen Euro. Dieses Geld soll wieder in den Nahverkehr gesteckt werden.

Obwohl die S-Bahn ihre Leistungen stark eingeschränkt hat, musste das Unternehmen mit fast 270 Millionen Euro aber auch fast 20 Millionen Euro mehr für das Befahren der Gleise und das Nutzen der 166 Bahnhöfe an den Konzern abführen. Auch für Beratungen sowie für sonstige Leistungen Dritter hatte die S-Bahn mehr Geld übrig. Fast fünf Millionen Euro gab man dafür 2010 aus; ein Jahr zuvor waren es knapp 1,8 Millionen Euro.

Trotz der Verluste will das Unternehmen knapp eine Million Euro aufbringen, um den Kauf neuer Fahrzeuge vorzubereiten. Die Zeit werde knapp, sagte S-Bahnchef Peter Buchner. Kommen die neuen Fahrzeuge nicht rechtzeitig, müssten die alten Typen aufwendig nachgerüstet werden, was sehr teuer würde, so Buchner. Nach Plan sollen die Altbaufahrzeuge der Baureihen 480 und 485 nicht mehr auf das kommende Signalsystem und die neue Funktechnik umgestellt werden. Dies wäre aber erforderlich, wenn es 2017 keine neuen Züge gebe. Geplant ist ein Kauf von knapp 400 Wagen. Parallel zur S-Bahn bereitet auch der Senat den Kauf neuer Züge vor; per Ausschreibung hat er dafür einen Berater gesucht. Aber erst nach den Wahlen im September soll die neue Landesregierung entscheiden, wer die S-Bahn betreibt – und wer für den Kauf neuer Bahnen zuständig sein wird.

Von ihren 650 vorhandenen Doppelwagen konnte die S-Bahn am Montag nur 436 einsetzen. Ende des Jahres sollen es 500 sein. Für den Betrieb vor Beginn der Dauerkrise im Sommer 2009 waren 546 Doppelwagen erforderlich.

Gestiegen sind trotz der Krise die Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf. 335,1 Millionen Euro nahm die S-Bahn 2010 ein; vor Beginn der Krise waren es im Jahr 2008 nur 327,6 Millionen Euro. Die Zahl der Abonnenten habe sich sogar von 164 000 im April 2010 auf 178 000 erhöht.

Nach der für 2012 vorgesehenen Rückkehr zum normalen Fahrplan und mit Zügen in der vorgeschriebenen Länge will das Unternehmen nach Buchners Angaben wieder eine positive Bilanz vorlegen, wie es auch die mittelfristige Finanzplanung des Konzerns vorsieht.

Die nächste Verbesserung beim Fahrplan soll es im Sommer mit der Einführung des Zehn-Minuten-Taktes nach Teltow Stadt geben, was bereits für Sommer 2009 vereinbart worden war. Weitere Termine wollte Buchner nicht nennen. Damit bleibt offen, wann die ebenfalls seit Sommer 2009 eingestellten Linien S 45 (Flughafen Schönefeld–Südkreuz) und S 85 (Waidmannslust–Grünau) wieder ans Netz gehen werden. Klaus Kurpjuweit

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