zum Hauptinhalt

Brandenburg: Altanschließer – es darf kassiert werden

Ein brandenburgischer Grundstücksbesitzer ist mit seiner Verfassungsklage gegen Beiträge für Nachwende-Investitionen gescheitert

Stand:

Potsdam - Grundstücksbesitzer mit Abwasseranschlüssen aus DDR-Zeiten müssen eine weitere juristische Niederlage einstecken. Das brandenburgische Verfassungsgericht wies die Beschwerde eines sogenannten Altanschließers gegen die Erhebung von Beiträgen für Investitionen aus der Nachwendezeit zurück. Die Wasserverbände dürften die Kosten für den Bau von Schmutzwasserentsorgungsanlagen weiterhin auf alle angeschlossenen Grundstücke aufteilen, erklärte ein Gerichtssprecher am Montag. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) reagierte empört.

Altanschließer sind Eigentümer von Grundstücken, die bereits vor der Wende Wasser- oder Abwasseranschlüsse erhalten hatten. Sie werden derzeit mit Beitragsforderungen für Investitionen aus der Zeit nach 1990 konfrontiert, wehren sich aber massiv gegen die Bescheide. Nach Ansicht der Richter verlangt die Landesverfassung aber in der Frage des Zeitpunkts des Anschließens eines Grundstücks an die öffentliche Abwasserentsorgung keine Differenzierung. Es verstoße demnach nicht gegen Grundrechte der Verfassung, wenn auch Altanschließer herangezogen werden.

Das Gericht befasste sich mit der Beschwerde eines Grundstücksbesitzers, der im Januar 2005 einen Bescheid vom Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland erhalten hatte. Er sollte einen Herstellungsbeitrag für die Abwasserentsorgung in Höhe von rund 1351 Euro zahlen. Nachdem der Eigner an Verwaltungsgerichten mit Klagen gescheitert war, zog er im Herbst 2011 vor das Verfassungsgericht.

Die Inanspruchnahme von Eigentümern „altangeschlossener Grundstücke“ stelle keinen unzulässigen Grundrechtseingriff dar, erklärte der Gerichtssprecher. Wenn allein die Kosten umgelegt würden, die nach der Wende entstanden seien, verstoße das nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Dass die Verwaltungsgerichte angenommen hätten, der Beitrag werde für die Herstellung der gesamten Anlage erhoben und diene nicht isoliert dem Ersatz des jeweiligen Grundstücksanschlusses, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ohnehin sei der Begriff Altanschließer, so heißt es im Urteil wörtlich, unscharf, denn schließlich seien alle Grundstückseigentümer an die neue Gesamtanlage angeschlossen worden.

Allen Grundstückseigentümern komme gleichermaßen zugute, dass sie erstmals eine gesicherte Anschlussmöglichkeit an eine kommunale Abwasserentsorgungsanlage hätten. Aus Sicht der Verfassungsrichter war spätestens seit dem 3. Oktober 1990 – dem Tag der deutschen Wiedervereinigung – damit zu rechnen, dass Grundstückseigentümer für künftige Investitionen in neue Kläranlagen oder Pumpwerke herangezogen werden können.

VDGN-Vizepräsident Eckhart Beleites sagte, vom brandenburgischen Verfassungsgericht sei ein Urteil dieser Art zu erwarten gewesen. Das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Gerichts sei begrenzt. Ihm gehöre ein Fachmann für Verwaltungsrecht an, der einen Zweckverband bei Forderungen gegenüber Altanschließern unterstütze.

Der VDGN wolle die verfassungsrechtlichen Fragen deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht klären, kündigte Beleites an. Viele Menschen in einkommensschwachen Regionen Brandenburgs würden mit den Beitragsforderungen an den Rand ihrer finanziellen Belastbarkeit getrieben. Susann Fischer

Susann Fischer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })