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Von Annette Kögel: Anprobe für die Parade

Gail Edmund und Barbara Saltmann aus der Karibik sind zwei der 4500 Akteure, die beim Karnevalsumzug am Sonntag mittanzen

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Es lohnt sich doch immer wieder, hinter die Fassade zu schauen. Zum Beispiel in Nord-Neukölln, Rütlikiez, Weserstraße. Kaum öffnet Gail Edmund die Tür, tritt man ein in eine karibische Welt: Fotos von Palmen hängen an der Wand, im Hintergrund läuft Soca-Musik, und überall leuchten orangerote Flammen aus Stoff. Drei Monate lang designt und schneidert, klebt und verdrahtet die 42-jährige Schneiderin nun schon ihre Kostüme zum Karneval. „Wir Ausländer bringen ein bisschen Salz und Pfeffer ins deutsche Leben“, sagt Kostümmodel Barbara Saltmann lachend. Vielleicht sieht man ihr deshalb ihre 55 Jahre nicht an.

Die Liebe führte Gail Edmund vor 17 Jahren nach Berlin, und wie ihre Freundin, die gebürtige Jamaikanerin Barbara, ist sie „glücklich, zwei Heimatländer zu haben“. Die Liebe ist verblüht, die Begeisterung für Berlin nicht. „Die Stadt ist toll, und wir wollen ihr beim Karneval etwas zurückschenken.“ Wenn Barbara nicht im „Job Shop“ an der Gneisenaustraße arbeitet, einer Arbeitsvermittlungsagentur speziell für Berliner mit Migrationshintergrund, nimmt sie Klebepistole und Schere in die Hand, bis der Umzug der 102 Formationen und 4500 Akteure aus 70 Nationen sich Sonntagmittag von der Urbanstraße in Bewegung setzt. Das Motto der Gruppe „Caribbean Heatwave“ mit bis zu 30 Teilnehmern aus Deutschland und der Karibik lautet: „Firey!“ Der Song stammt von Bunji Garlin, einem der Topstars aus Trinidad und Tobago, der mit seiner Frau zum Karneval nach Berlin kommt – und Sonntagabend im Festsaal Kreuzberg an der Skalitzer Straße 130 bei der „Carnival Glow Party“ auftritt.

Dann wird Gail Edmund doch ein bisschen geschafft sein. Ihr eigener Federaufsatz ist recht schwer. „Wenn man die Strecke über bis zu fünf Stunden lang tanzt und feiert, merkt man die Last aber nicht“, versichert die Schneiderin. Sämtliche Materialien hat sie extra aus „Carnivalshops“ von den Inseln einfliegen lassen. Einige Pailletten und Stoffe fände man in Deutschland gar nicht.

Mit ihrer alten Heimat, Mutter, Bruder, Neffen – allesamt dem Carnival als Steelbandspieler oder DJs seit Generationen verbunden – hat Gail auch über Internet radio und -fernsehen Kontakt. „Ich habe jetzt im Februar gerade den Karneval drüben verfolgt.“ Auf Tobago startet der Umzug beim „Jouvert“ schon um vier Uhr mitten in der Nacht. „Jetzt wollen wir den Berlinern auch zeigen, was ,Wining bedeutet“, sagen die Frauen lachend. So nennt man das, wenn die Tänzer laszive Trockenübungen machen, ihre Hüften und andere Körperteile schwenken.

Seit dreizehn Jahren läuft Gail nun schon mit in Berlin – die  Gruppe sucht noch seriöse tanzwütige Mitläufer, und auch Sponsoren. Denn all das Material, der Wagen, die Generatoren, das koste viel Geld. Gail Edmund hat auch Ideen für die Zukunft des Karnevals. „Ich fände es toll, wenn alle Gruppen wie auf Trinidad zum Schluss des Umzuges ihr Können noch mal auf einer Tribüne, vielleicht auf einem Platz, zeigen könnten.“ Die Feiergemeinde von der „Caribbean Heatwave“ will mit der Wagennummer 96 ziemlich zum Schluss des Zuges bei bis zu 27 Grad das Feuer entzünden.

Der Tagesspiegel verlost für den Karnevalssonntag zwei Mal je fünf Plätze für Familien oder Zuschauergruppen auf den Tribünen der Wasserbetriebe. Wer sie gewinnen möchte, schickt bis heute, 15 Uhr, eine E-Mail mit dem Betreff „Karneval“ und einer Handynummer an die Adresse verlosung@tagesspiegel.de.

Annette Kögel

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