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Von Klaus Kurpjuweit und Carsten Kloth: Bei voller Fahrt gingen in der S-Bahn die Türen auf Unternehmen spricht von Einzelfall und lässt Züge weiterfahren

Berlin - Es ist eine Horrorvorstellung: Bei voller Fahrt öffnen sich die Türen einer S-Bahn. Fahrgäste, die dagegen lehnen, fallen ebenso hinaus wie vor den Türen abgestellte Kinderwagen.

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Berlin - Es ist eine Horrorvorstellung: Bei voller Fahrt öffnen sich die Türen einer S-Bahn. Fahrgäste, die dagegen lehnen, fallen ebenso hinaus wie vor den Türen abgestellte Kinderwagen.

Nur erneut mit viel Glück ist dieses Szenario bei der S-Bahn vermieden worden. Wie jetzt bekannt wurde, gingen am Mittwochvormittag auf der Linie S 8 (Hohen Neuendorf–Grünau/Zeuthen) die Türen eines Zuges der Baureihe 480 zwischen Schönhauser Allee und Bornholmer Straße auf einer Seite kurz fast vollständig auf und schlossen sich dann wieder.

Zu einem Unfall war es nicht gekommen, auch weil der Zug nicht sehr voll war. Die S-Bahn hat dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) den Vorfall als „gefährliches Ereignis" gemeldet – allerdings erst mit einem Tag Verspätung. Dort wertet man die Unterlagen jetzt aus. Aus dem Verkehr gezogen werden die Züge aber nicht, weil die S-Bahn hier einen Einzelfall sieht und nach ihrer Ansicht kein Systemmangel vorliegt. Die Fahrzeuge würden aber alle untersucht.

Nach Informationen dieser Zeitung hatte es durch Wasser in der Kupplung einen Kurzschluss bei den stromführenden Leitungen gegeben, über die auch das Öffnen und Schließen der Türen gesteuert wird. Warum Wasser eingedrungen war, ließ sich noch nicht klären.

Nach Angaben eines Fahrgastes befand sich die S-Bahn um 9.43 Uhr in der Kurve, als sich die Türen des ersten Wagens weitestgehend öffneten und danach sofort wieder schlossen. „Das war natürlich eine Schrecksekunde, damit rechnet man ja nicht“, sagt der Fahrgast. „Glücklicherweise war gerade kein Berufsverkehr.“ Dennoch musste eine Frau, die in der Nähe einer betroffenen Tür stand, erschrocken zurückweichen.

Der Fahrgast habe an der Haltestelle Bornholmer Straße dann die Fahrerin informiert. Auch Fahrgäste aus dem zweiten Wagen des Zuges meldeten den Vorfall. Ob auch die letzten beiden Wagen des Zuges betroffen waren, konnte er nicht bestätigen.

Bereits am 22. November hatte sich bei einer Werkstattfahrt bei einem Zug dieser Baureihe eine Kupplung gelöst, so dass die Wagen getrennt wurden. Hier waren in der Werkstatt die Feststellschrauben nicht richtig angezogen worden. Der Zug war dort wegen einer Entgleisung untersucht worden.

Die Züge der Baureihe 480 wurden zwischen 1986 und 1994 beschafft. 70 Zwei-Wagen-Einheiten, intern Viertelzug genannt, sind noch im Einsatz. 16 wurden bereits verschrottet.

Wegen Mängeln an den Rädern und unterlassener Arbeiten bei der Wartung der Bremsanlagen kann die S-Bahn derzeit nur einen Teil der Fahrzeuge ihrer umfangreichsten Baureihe 481 einsetzen. Sie hat aber angekündigt, zum Fahrplanwechsel am 13. Dezember wieder auf allen Linien fahren zu wollen.

Die verschärften Kontrollfristen verlängern jedoch den Aufenthalt der Züge in den Werkstätten. Zudem werden die Fahrzeuge dort jetzt auf den Winter vorbereitet, damit sie nicht mehr so massenhaft ausfallen wie beim Frost im vergangenen Januar, was dazu führt, dass weniger Züge im Einsatz sind.

Die S-Bahn hat deshalb, wie berichtet, beim Eisenbahn-Bundesamt beantragt, die Sichtkontrollen an den Rädern nur noch alle 14 statt alle sieben Tage vornehmen zu dürfen. Stattdessen sollten andere Untersuchungsfristen, etwa durch Ultraschall, verkürzt werden. Diesen Wunsch hat das EBA aber abgelehnt.

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