
© Kleist-Heinrich
Von Sebastian Leber: Brettspiel extrem
Am Wochenende stürmen Snowboarder und Skater den Flughafen Tempelhof/25000 Fans sollen zuschauen
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Berlin - Der Krach ist unerträglich, man könnte meinen, der Flughafen Tempelhof habe gerade den Betrieb wieder aufgenommen und eine Galaxy werfe ihre Turbinen an. Doch es sind nur die Kunstschneekanonen, die mit Hochdruck ein weißes Stickstoff- Wasser-Gemisch in die Luft schießen. Die Maschinen werden die ganze Nacht lärmen, denn wenn am frühen Freitagabend die ersten Besucher auf das Gelände gelassen werden, müssen hier 190 Tonnen Kunstschnee liegen – verteilt auf eine 30 Meter hohe Sprungschanze. Von der werden sich dann einige der weltbesten Freestyle-Snowboarder in die Tiefe stürzen und im Flug Salti schlagen. Und zehntausende Fans werden zuschauen.
„Freestyle Berlin“ heißt die Veranstaltung. An drei Tagen treten hier Snowboarder, Skater und Motorradfahrer in ihren Disziplinen gegeneinander an. Der Aufbau der Snowboard-Schanze hat eine halbe Woche gedauert, nebenan haben Bagger einen riesigen Erdhaufen aufgetürmt, das ist die Landebahn für die Motorradfahrer. 650 Kubikmeter Erde waren für den Hügel nötig. Unter dem Flughafen-Vordach steht die U-förmige Rampe, die ist für die Skateboarder und heißt in der Fachsprache „Vert“. Auch ein Berliner Starter ist dabei: Jürgen Horrwarth aus Kreuzberg ist der einzige deutsche Profi-Skateboarder. In der Szene ist er seit Jahren ein Weltstar, in Deutschland schreiben die Zeitungen immer noch seinen Nachnamen falsch. Mit drei „r“ und „th“ am Ende ist korrekt. Nach dem Wettbewerb in Tempelhof reist er weiter nach Orlando zum nächsten Turnier, anschließend geht es entweder zu einer Meisterschaft in Italien oder einer in Norwegen, da hat er sich noch nicht entschieden. Und dann? „Moment mal.“ Er muss auf seinem Handy den Terminplaner anklicken. „Ach richtig, Australien.“
Mit 32 Jahren ist Jürgen Horrwarth einer der Ältesten im Starterfeld, sein Konkurrent Sam Beckett aus England ist erst 17. „Man wird schon vorsichtiger, je älter man wird“, sagt der Berliner. „Aber vor allem smarter: Ich teile mir meine Kraft besser ein.“ Einen Tag vor dem Wettkampf inspiziert Horrwarth schon mal das Flughafen-Gelände. Jawohl, auf die Snowboardschanze würde er sich trauen, sagt er. Aber mit einem Motorrad über den Erdhaufen brettern? „Kannste vergessen!“ Er hat im Laufe seiner Skateboardkarriere auch schon genug Verletzungen erlitten: 2001 der Wadenbeinbruch, 2006 der gebrochene Fuß, 2007 der Kreuzbandriss, und im vergangenen Jahr hat es ihm das Sprunggelenk zerschossen. „Aber das sind jetzt nur die schweren.“
Extremsportler mögen sich untereinander, sagt er. „Obwohl wir alle unsere Klischees im Kopf haben.“ Die Snowboarder zum Beispiel gelten als die, die „immer besonders cool sein wollen und am meisten Party machen. Und wir Skater sind wohl die Kindsköpfe.“ Aber ganz schön mutige.
Am Freitag geht es um 18 Uhr los (12 Euro), am Sonnabend ab 11 Uhr (28 Euro), am Sonntag ebenfalls ab 11 Uhr (18 Euro). Mehr Infos im Internet unter www.freestyleberlin.de
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