INTERVIEW: „Das Anbringen eines Zettels am anderen Auto reicht nicht aus“
Herr Gottschalkson, die Linke-Fraktionschefin im Landtag, Margitta Mächtig, hat nach eigenen Angaben im Juli 2013 beim Einparken ein anderes Auto touchiert. Obwohl sie einen Zettel hinterlassen haben will, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen Fahrerflucht.
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Herr Gottschalkson, die Linke-Fraktionschefin im Landtag, Margitta Mächtig, hat nach eigenen Angaben im Juli 2013 beim Einparken ein anderes Auto touchiert. Obwohl sie einen Zettel hinterlassen haben will, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen Fahrerflucht. Zu Recht?
Ja, zu Recht. Weil das Anbringen eines Zettels an einem anderen Fahrzeug nicht ausreicht, um den Pflichten eines Unfallbeteiligten zu genügen. Wenn man einen Zettel anbringt, führt das nur dazu, dass die gesetzliche Wartefrist am Unfallort verkürzt werden kann. Wenn man zum Beispiel mitten in der Nacht auf dem platten Land steht, kann das Anbringen eines Zettels unter Umständen ausreichen. Da muss man nicht in jeden Fall warten, bis jemand kommt.
Was hätte Frau Mächtig tun müssen?
Frau Mächtig hätte in jedem Falle dem Geschädigten oder einer Polizeidienststelle die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben mitteilen müssen. Angeblich soll auf ihrem Zettel ihr Name und ihre Telefonnummer gestanden haben. Gesetzlich gefordert ist es jedoch, dass die Anschrift, der Aufenthaltsort, das Kennzeichen des unfallverursachenden Fahrzeuges und der Standort des Fahrzeuges mitgeteilt wird.
Muss man sich wirklich auch bei einer kleinen Schramme melden?
Grundsätzlich bei jedem Schaden, der oberhalb von 30 Euro liegt. Dann liegt immer ein Unfall im Sinne des Gesetzes vor. Weil im Prinzip aber selbst die leichteste Berührung oft einen solchen Schaden verursacht, sollte man sich immer melden.
Mit welcher Strafe müssen Drückeberger rechnen?
Das Gesetz sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Üblicherweise wird eine Geldstrafe verhängt. Es kann aber auch Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis haben. Es ist sogar die Regel, dass die Unfallflucht zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt.
Wie kann man überhaupt beweisen, dass jemand Fahrerflucht begangen hat, wenn nicht gerade ein eindeutiges Foto oder eine zweifelsfreie Zeugenaussage vorliegt?
Man kann es ganz oft eben nicht beweisen, dass eine bestimmte Person eine Unfallflucht begangen hat. Frau Mächtig aber hat es ja bereits eingeräumt. Allerdings muss man sich klarmachen, dass die Pflicht, den Geschädigten über den Schädiger zu informieren, dazu dient, Haftungsfragen überhaupt klären zu können. Zu diesem Zweck soll man auch das Auto zur Verfügung halten. Es kommt nicht in erster Linie darauf an, den Unfallverursacher zu bestrafen.
Das Interview führte Matthias Matern
Sven Gottschalkson, 43, Anwalt für Verkehrsrecht in Potsdam, vertrat 2011 erfolgreich Mandanten im „Knöllchen-Streit“ in der Ribbeckstraße.
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