Hungerstreik in Eisenhüttenstadt: Debatte um Flüchtlinge spitzt sich zu
UPDATE Der Rechtsstaat sei nicht erpressbar, sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. Einer der vier hungerstreikenden Flüchtlinge aus dem Eisenhüttenstädter Abschiebeknast war zuvor ins Krankenhaus gebracht worden.
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Eisenhüttenstadt/Potsdam - Im Abschiebegefängnis in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) protestieren weiterhin vier Flüchtlinge mit einem Hungerstreik gegen die aus ihrer Sicht unmenschliche Behandlung. Zwischenzeitlich kam einer von ihnen am Dienstag für genauere Untersuchungen ins Krankenhaus, wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte. Ein Arzt hatte die vorsorgliche Maßnahme angeordnet. Am späten Nachmittag konnte er aber zurückgebracht werden. Unterstützer hatten zuvor die Abfahrt des Krankenwagens am Tor der Anlage behindert.
Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb will indes am Mittwoch die zentrale Aufnahmestelle des Landes besuchen. Dort wird er sich über die allgemeine Lage in der Einrichtung und den Ausbau des Betreuungsangebots für Asylsuchende informieren. Bei den vier Männern im Hungerstreik handele es sich um drei Georgier und einen Pakistaner, die an der Verpflegung nicht teilnähmen, sagte der Sprecher weiter. Gegen alle lägen Haftbefehle vor, die die Bundespolizei beantragt hatte.
Am Montag hatten sich noch acht Flüchtlinge an der Protestaktion beteiligt und Nahrung verweigert. In der vergangenen Woche waren es zunächst zehn gewesen. In München hatten die Behörden im Juni einen einwöchigen Hungerstreik von Asylbewerbern beendet und die Flüchtlinge in Krankenhäuser gebracht. Der Fall hatte deutschlandweit für Aufsehen gesorgt. Die Unterstützer-Initiative der Ausländer in Eisenhüttenstadt baute am Dienstag unterdessen ein Zelt vor der zentralen Ausländerbehörde des Landes auf. Das Gefängnis liegt auf dem gleichen Gelände. Bis zu 30 Menschen zeigten Solidarität mit den Inhaftierten.
Auf Transparenten wurde etwa gefordert: „Stop Eisenhüttenstädter Abschiebefabrik!“ Ein Sprecher der Initiative sagte, man habe Informationen über fünf Flüchtlinge im Hungerstreik. CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski forderte mit Blick auf die Protestaktion, dass ein Missbrauch des Rechts auf Asylgewährung im Interesse wirklich Verfolgter ausgeschlossen werden müsse. „Bei allem Verständnis für das Anliegen der in Hungerstreik getretenen Asylbewerber muss klargestellt werden, dass der Rechtsstaat in keiner Weise erpressbar ist.“ Grünen-Fraktionschef Axel Vogel kritisierte die Worte Dombrowskis.
Die Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt entspreche nicht einer angemessenen Unterbringung mit hinreichender Betreuung, wie sie der Rechtsstaat gewährleisten müsse. Vogel kündigte an, noch in dieser Woche die Flüchtlinge besuchen zu wollen, um sich ein Bild zu machen.
Die Abschiebehaftanstalt Eisenhüttenstadt mit insgesamt etwa 100 Plätzen war in letzter Zeit in die Schlagzeilen geraten. Es gab zahlreiche Proteste. Ende Mai hatte sich ein Asylbewerber erhängt.
Vergangene Woche verletzte sich ein Georgier selbst.
Der verstärkte Zustrom von Flüchtlingen bereitet derzeit mehreren Bundesländern große Probleme. Allein nach Brandenburg kamen über Eisenhüttenstadt im vergangenen Jahr 1700. In diesem Jahr sollen es laut Innenministerium bis zu 3100 Neuankömmlinge werden. (dpa)
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