Mittelkürzung bei Bahnstrecken: Der Nordwesten macht gegen Rot-Rot mobil
Bürgermeister, Geschäftsleute und Anwohner aus den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und Prignitz wollen die Stilllegung der Bahnstrecken Neustadt-Kyritz-Pritzwalk und Pritzwalk-Meyenburg verhindern.
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Kyritz/Potsdam - Der rot-roten Landesregierung werfen sie vor, mit der geplanten Mittelkürzung für die Strecke bewusst deren Stilllegung und damit auch die Abkoppelung der Region in Kauf zu nehmen. Eine Anfang der Woche in Kyritz gegründete Bürgerinitiative soll über die Landtagsabgeordneten Druck auf Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) aufbauen.
„Ich bin sauer auf Vogelsänger und die Landesregierung, weil hier mit pauschalen Vorgaben eine Strecke zu Grabe getragen werden soll. Das ist nicht einfach ein Zahlenspiel, sondern eine zutiefst politische Frage“, sagte Holger Kippenhahn (Linke), Bürgermeister der Gemeinde Heiligengrabe (Ostprignitz-Ruppin) am Mittwoch den PNN. Wenn alles nur noch technokratisch geregelt werde, brauche man keine Landesregierung mehr, sondern nur noch Ministerialbürokraten, wetterte der Verwaltungschef. Immer wieder werde in Potsdam betont, die Randregionen dürften nicht abgehängt werden. „Der regionale Bahnverkehr ist für uns eine Frage der Daseinsvorsorge.“ Das sieht auch sein Kollege, der Neustädter Amtsdirektor Ulrich Gerber (SPD) so: „Die Strecken sind ein Rückgrat für den ländlichen Raum und haben wirtschaftliche Bedeutung. Daseinsvorsorge lässt sich nicht nach Benutzerzahlen bemessen.“ Wie berichtet will Infrastrukturminister Vogelsänger aus Kostengründen den Schienenverkehr auf schwach ausgelasteten regionalen Strecken stark ausdünnen. Die Mittel für die beiden Strecken im Nordosten sollen zudem um die Hälfe gekürzt werden und ab 2015 ganz wegfallen. Danach droht das Aus.
Bislang zählt die kreisübergreifende Bürgerinitiative 40 Mitglieder. Auch die brandenburgische Linke-Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann hat ihren Beitritt erklärt. Kritik äußern die Mitglieder auch am Bund. „Trotz steigender Energiepreise werden die Zuweisungen an die Länder nicht erhöht“, erläuterte der Heiligengraber Rathauschef am Mittwoch.
Den Kreisen wirft die Bürgerinitiative vor, bislang kein Verkehrskonzept vorgelegt zu haben, dass einen Betrieb der Bahnstrecken über 2015 hinaus wirtschaftlich erscheinen ließe. Stattdessen würden viele Angebote gegeneinander arbeiten. „Kommt der Bus, ist die Bahn gerade weg“, berichtete Kippenhahn. So könne man keine neuen Fahrgäste gewinnen. Bei den Kreisverwaltungen will sich die Bürgerinitiative für die Erarbeitung eines abgestimmten Konzeptes einsetzen.
Dass man in den Kommunen endlich den Wert des Nahverkehrs erkenne, sei gut, hieß es aus dem Infrastrukturministerium. Um die Verbindungen zwischen Neustadt und Pritzwalk über 2015 aufrecht zu halten, fehlten nun einmal die Mittel. Man habe aber extra den Kreisen eine zweijährige Frist eingeräumt, um alternative Konzepte vorzulegen. „Denkbar wäre etwa, einen Teil des Schülerverkehrs oder zusätzlichen Güterverkehr auf die Schiene zu bringen“, riet Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade.
Appellieren will Kippenhahn auch an die Bürger. 20 000 Postkarten sollen entlang der Strecke verteilt werden. „Wer eine Bahn will, muss auch damit fahren“, so der Bürgermeister von Heiligengrabe.
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