WÄHLEN MIT 16 IN BRANDENBURG: Die Wahljugend mobilisieren – irgendwie
Das Wahlalter ist gesenkt, der Landtag hat dem Land Geld für eine Politisierungsoffensive gegeben – das hat aber noch kein Konezpt.
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Potsdam - Die brandenburgische Landesregierung will die Jungwähler mobilieren. Was das kosten darf, weiß sie schon; wie das gehen soll noch nicht so recht. Vom Landtag hat sie 250 000 Euro bewilligt bekommen, um Jungwähler nach der im Dezember 2011 beschlossenen Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre zu mobilisieren. Doch derzeit fehlt noch ein Konzept. Am Donnerstag stellte sie zumindest schon mal eine Initiative vor, die als beispielhaft gilt: das Kinder- und Jugendparlament Senftenberg.
Staatssekretär Burkhard Jungkamp vom Bildungsministerium wies bei dem Termin jeden Verdacht kategorisch von sich: Nein, der Landesregierung und den sie tragenden Parteien (SPD und Linke) gehe es nicht darum, plumpe Wahlwerbung zu betreiben. Politische Bildung sei ein Auftrag an sein Ministerium und daran habe sich durch die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre auch nichts geändert. Er jedenfalls könne keinen Interessenskonflikt erkennen, wenn die Regierung versuche, möglichst viele Jungwähler an die Urnen zu bekommen. Eine Einschränkung macht er dann doch. Es sei natürlich so, „dass wir dem Einfluss von Rechtsextremisten begegnen wollen“, sagt Jungkamp. Auf Nachfrage ergänzt der dann, dass dies im Prinzip auch für Linksextremisten gelte, „aber die stellen das geringere Problem dar“.
Jungkamp hatte die Presse eingeladen, sich über die Aktivitäten zu informieren, mit denen heute bereits auf kommunaler Ebene versucht wird, bei Kindern und Jugendlichen Verständnis für die politischen Entscheidungsprozesse zu gewinnen. In aller Regel sind dies Gremien wie Beiräte oder Jugendparlamente, in denen junge Menschen zunächst ihre Vorstellungen diskutieren und dann auch in die kommunalen Vertretungsorgane einbringen können. Davon gibt es inzwischen fast zwei Dutzend im Land, zumeist in den rund um Berlin liegenden Kommunen, aber beispielsweise auch in Templin oder Prenzlau (Uckermark). Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz und seine Kreisstadt Senftenberg nehmen dabei eine besondere Rolle ein, weil dort die Aktivitäten auch wissenschaftlich von der Universität Potsdam begleitet werden. So berichtete deswegen auch Sarah Herz davon, wie sie sich zusammen mit anderen Jugendlichen in Senftenberg um bessere Freizeitmöglichkeiten für ihre Altersgenossen kümmert. Und sie erzählte vom „Alkoholtest“. Da machen Jugendliche Testkäufe. Denn auch wenn sie jetzt zwischen den Parteien wählen können, so haben sie ja nach wie vor keinen Zugriff auf gewisse Getränke. Also probieren sie durch, ob sich der Einzelhandel der Stadt auch an die Vorschriften des Jugendschutzes hält. Diese und andere Aktivitäten der Jugendlichen werden nicht nur von der Gemeinde und vom Kreis unterstützt, sondern auch von einer Gruppe von Studenten begleitet. Die gewinnen in der Lausitz ganz praktische Erfahrungen darin, wie Jugendarbeit vor Ort erfolgreich zu gestalten ist. Die jungen Befragten seien „stinksauer“ auf die schlechten Verkehrsverbindungen auf dem Land, sagte die Lehrbeauftragte der Fachhochschule Potsdam, Katja Stephan. Zudem hätten Jugendliche zur örtlichen Politik oftmals keinen Bezug, weil es keine jugendgerechten Angebote gebe und die Verwaltungen oftmals überaltert seien. Für solche Initiativen stellt das Land bislang knapp 80 000 Euro im Jahr zur Verfügung. Jetzt hat der Landtag kurzerhand mit der Absenkung des Wahlalters weitere 250 000 Euro im Landeshaushalt freigemacht. Eine konkrete Vorstellung, wie mit diesem Geld umzugehen sein wird, hat die rot-rot-grüne Mehrheit allerdings nicht. So kommt das Schul- und Jugendministerium in die ganz ungewöhnliche Verlegenheit, auf eine Haushaltsbewilligung mit einem noch nicht vorhandenen Konzept reagieren zu müssen. Das werde man schon schaffen, sagt Jungkamp dazu. Auf jeden Fall könnten eben die Jugendparlamente ausgebaut werden. Bereits im vergangenen Jahr ist deren Zahl und die der Kinder- und Jugendbeiräte um vier auf 19 gestiegen. Die Mitgliederzahl pro Parlament schwanke in Brandenburg zwischen 8 und 15, die Jugendlichen seien 12 bis 19 Jahre alt. (mit dapd)
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