Keine Gewerbesteuer: „Die wollen das einfach nicht kapieren“
Zossens Bürgermeisterin Michaela Schreiber (Plan B) liegt gleich mit zwei Seiten im Clinch: mit der Opposition – was wenig verwunderlich ist – und mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg.
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Zossen -In beiden Fällen geht es um die Gewerbesteuer der Teltow-Fläming-Stadt. Der Linke/SPD-Fraktion wirft Schreiber vor, sie könnte nicht rechnen und würde versuchen, den Ruf der Stadt zu ruinieren. Gegen die Statistiker zieht sie wegen Verstoßes gegen den Datenschutz zu Felde. Das Amt habe im April widerrechtlich den Linken und der SPD Gewerbesteuerdaten der Stadt zur Verfügung gestellt, die diese nun gegen ihre Amtsführung verwenden, ist sich die Rathauschefin sicher. Wegen des Streits meldet die Stadt derzeit keine Daten mehr und riskiert damit den Verlust von Zuweisungen aus der Landeskasse – meint zumindest der Vorsitzende der Linke/SPD-Fraktion, Carsten Preuß (parteilos, für die Linke).
Insgesamt ist Zossen zwei Meldungen im Verzug. Eigentlich müssen die Kommunen alle drei Monate eine sogenannte Kassenstatistik melden. Die Daten werden von Bundesministerien, aber auch von der Deutschen Bundesbank, von Universitäten und Wirtschaftsforschungsinstituten genutzt. Zudem verfassen die Statistiker auf deren Basis regelmäßig Pressemitteilungen. „Schon das sehe ich kritisch. Laut Bundesstatistikgesetz sind diese Daten allein zur internen Bearbeitung zwischen Behörden gedacht“, meint die Bürgermeisterin. In diesem Fall aber habe das Statistikamt die Angaben einem Dritten, und zwar Preuß, zur Verfügung gestellt. „Erst hat das Amt gesagt, wie geben keine Daten heraus, dann haben sie es aber doch zugegeben“, so Schreiber.
Wegen des Streits, sagt die Rathauschefin, habe sie keine Daten mehr gemeldet. Im Amt ist man kurz angebunden. „Es gibt eine gesetzliche Meldepflicht, aber die Stadt Zossen meldet nicht“, sagt Amtssprecherin Heike Hendl lediglich.
Durch diese Verweigerung drohe der Stadt der Verlust der Schlüsselzuweisungen, meint Fraktionschef Preuß. Dies treffe nicht zu, heißt es dagegen aus dem Landesfinanzministerium. Denn Grundlage seien die Einwohnerzahlen und diese würden zur Verfügung stehen. Allerdings bekomme Zossen gemäß der jüngst erfolgten Änderung des Kommunalfinanzausgleichsgesetz ohnehin keine Zuweisung mehr, weil es der Stadt zu gut gehe. Jedoch hat Rathauschefin Schreiber laut Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern ihrer Stadt bereits Einbußen eingebrockt. Weil die Gewerbesteuerumlage nicht berechnet werden könne, könne auch der Gemeindeanteil Zossens an der Einkommensteuer nicht ermittelt werden. „Seit dem zweiten Quartal hat die Stadt diesen Anteil nicht mehr bekommen“, so Mattern.
Außerdem droht Zossen eine Geldstrafe. „Aus dem Statistikgesetz leitet sich die Verpflichtung ab, bestimmte Daten zu melden. Für Verstöße sind Zwangsgelder vorgesehen“, sagt Wolfgang Brandt, Sprecher im Landesinnenministerium. Auch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht sei möglich. Andererseits habe das Amt mit den Angaben ordentlich umzugehen, dürfe nur endgültige Daten, die bereits veröffentlicht worden seien, an Dritte weitergeben, so Brandt.
Für die Linke/SPD-Fraktion, immerhin die stärkste Kraft in der Stadt, sind die vorgelegten Gewerbesteuereinnahmen ein gefundenes Fressen. Sie zeigen für 2011 einen Rückgang um 17,3 Millionen Euro auf nur noch 1,1 Millionen Euro. Seit Langem versucht die Fraktion, Schreiber wegen Misswirtschaft dranzukriegen. 2004 senkte die Stadt auf ihr Betreiben den Gewerbesteuer-Hebesatz vom damaligen Landesschnitt, etwa 320 Prozent, auf bundesweit unschlagbar niedrige 200 Prozent; den Mindestsatz. Die Hoffnung, dies würde viele Unternehmen anziehen, erfüllte sich aber erst 2010, als die Erben des Pharma-Imperiums von Adolf Merckle Zossen als Steuerparadies entdeckten und rund 70 Tochterfirmen in Wünsdorf ansiedelten. Schreiber wirft die Fraktion vor, durch den niedrigen Hebesatz jahrelang Millionen-Einnahmen verschenkt zu haben. Doch aller Unkenrufe zum Trotz steht die Stadt prächtig da.
Der vermeintliche Einnahmeneinbruch habe ihn einfach alarmiert, meint Preuß. Erst nach Veröffentlichung einer entsprechenden Pressemitteilung des Statistikamtes habe er sich an die Behörde gewandt. „Wir haben in diesem Jahr einen Haushalt, der so groß ist wie noch nie. Wir wollten nur sichergehen, dass den Ausgaben künftig auch die entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen“, so Preuß. Immerhin plane die Stadt mit einer Gewerbesteuer von rund 20 Millionen Euro. „Die Bürgermeisterin verweigert nicht nur dem Amt, sondern auch uns aktuelle Angaben“, beklagt er.
Die CDU-Fraktion, die hinter der Bürgermeisterin besteht, wirft den Genossen eine „Kampagne gegen Schreiber“ vor. Auf zwei Seiten Papier, die Ende April an die Stadtverordneten verteilt wurden, hat Schreiber versucht, den Einbruch zu erklären. Eigentlich lägen die Einnahmen bei gut 12 Millionen Euro. Ein Teil der Summe werde aber erst 2012 eingehen, heißt es da. Das äußerst komplexe Rechenwerk nennt Preuß undurchsichtig. Schreiber dagegen hält ihn und seine Fraktion für unwillig, wenn nicht sogar für unfähig. „Die wollen das einfach nicht kapieren. Das ist linke Mathematik.“
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