Brandenburg: Die Zöllner gehen
Am 1. Mai fallen Warenkontrollen an Polen-Grenze weg / Zollbeamte jagen künftig Schwarzarbeiter
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Am 1. Mai fallen Warenkontrollen an Polen-Grenze weg / Zollbeamte jagen künftig Schwarzarbeiter Von Jörg Schreiber Frankfurt (Oder). In rund zweieinhalb Monaten fallen an Deutschlands Ostgrenze die Zollschranken. Mit Polens EU-Beitritt am 1. Mai werde es keine Warenkontrollen mehr an den Grenzübergängen zu Polen und Tschechien geben, sagt der Vorsteher des Hauptzollamtes Frankfurt (Oder), Jörg Birkemeyer. Für seine Behörde bedeute das weitgehende Umstrukturierungen. Die Grenz-Hauptzollämter Schwedt, Frankfurt und Cottbus werden aufgelöst. Aus ihnen wird das Binnen-Hauptzollamt Frankfurt (Oder) gebildet, das dann für die gesamte brandenburgische Grenze zuständig sein wird. Der Zoll – der 2003 im Frankfurter Raum gut 13 000 Schmuggelgüter und knapp 30 Millionen Zigaretten beschlagnahmt hatte - werde aber weiterhin präsent sein, sagt Birkemeyer. Fünf mobile Kontrollgruppen mit insgesamt 255 Mann sollen ab Mai von Gartz, Oderberg, Frankfurt, Guben und Cottbus aus Schmuggler aufspüren. Ihr Einsatzraum werde bis an die Berliner Stadtgrenze heranreichen. Denn es werde weiterhin Beschränkungen im Warenverkehr geben. So dürfe jeder Reisende bis 2008 wie bisher nur 200 Zigaretten ins Land bringen. Ansonsten gebe es zwar keine Begrenzungen der Freimengen mehr. Doch werden die mobilen Kontrolleure genau hinschauen, ob die mitgebrachten Waren wirklich für den Privatverbrauch bestimmt sind. Dazu seien Richtwerte festgelegt worden, bis zu welchen Mengen Waren im Reiseverkehr eingeführt werden dürfen. Die liegen etwa bei 10 Kilogramm Kaffee oder 110 Liter Bier. Andernfalls müsse der Zoll von gewerblicher Einfuhr ausgehen, für die weiterhin Umsatz- und Verbrauchssteuern zu zahlen seien. Jeder müsse künftig damit rechnen, auch viele Kilometer nach der Grenzpassage kontrolliert zu werden, sagt Birkemeyer. Im neuen Frankfurter Hauptzollamt werden von den derzeit 1600 Beschäftigten aller drei Behörden nur noch 1000 unterkommen, sagt Birkemeyer. Auch wenn keiner der Beamten entlassen wird, habe der drastische Personalabbau doch zu Unsicherheit und Angst bei vielen Kollegen geführt. „Wer hier Freunde oder Verwandte hat, will nicht unbedingt in den Westen der Bundesrepublik versetzt werden“, zeigt der Zoll-Vorsteher Verständnis für die Sorgen. Es habe eine „sehr großzügige Sozialauswahl“ gegeben. Zu allererst müssen die gehen, die hier keine Familie oder kein Haus haben. Zudem sei nach Möglichkeiten gesucht worden, andere Behörden im Grenzraum anzusiedeln, die die Kollegen übernehmen. Mit Erfolg: Nur 230 Beamte müssen die Region verlassen und sich auf Ausschreibungen im Westen bewerben. Das Bundesamt für Finanzen werde Außenstellen in Schwedt mit 80 und in Frankfurt mit 50 Mitarbeitern einrichten. Auch das Kölner Zollkriminalamt eröffne an der Oder eine Dependance. Doch auch jene Beamte, die beim Zoll bleiben, müssten sich auf neue Aufgaben einstellen. Viele Zöllner werden künftig nach Schwarzarbeitern fahnden. Der Bund hatte im Dezember 2003 beschlossen, dass künftig allein der Zoll die illegale Beschäftigung bekämpft, sagt Dietmar Siepert, Leiter der Abteilung „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ in der Frankfurter Behörde. Zusammen mit 60 Mitarbeitern, die von der Bundesagentur für Arbeit kamen, habe die neue Zoll-Einheit bereits heute 116 Mitarbeiter. Im Mai werde die für Ost-und Süd-Brandenburg zuständige Dienststelle durch Zöllner von der Grenze verstärkt und dann 190 Bedienstete haben, die von Schwedt, Oderberg, Frankfurt und Cottbus aus auf die Baustellen fahren. „Die Kollegen werden jeden Tag vor Ort sein, spontan kontrollieren und in einfachen Fällen auch selbst vernehmen“, sagt Siepert. Daneben würden auch Strafverfahren vorbereitet und Bußgeldverfahren geführt. Die Bediensteten werden alle an der Pistole ausgebildet. „Wir tangieren die organisierte Kriminalität und müssen daher Waffen tragen“, sagt Siepert. Schon 2003 hatte die noch kleine Abteilung 573 Unternehmen geprüft und 122 Strafverfahren eingeleitet. Damit seien Schäden von über 900 000 Euro verhindert worden. Dieses Jahr solle diese Summe deutlich steigen.
Jörg Schreiber
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