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Die Gastherme in der Küche der Köpenicker Unglückswohnung.

© dapd

Nach Gasunglück in Köpenick: Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen Vormieter

Im Fall der in Köpenick an Kohlenmonoxid gestorbenen sechsköpfigen Familie ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt gegen Vormieter wegen fahrlässiger Tötung.

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Das teilten die Behörden am Donnerstag mit. Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft haben zwei frühere Bewohner der Wohnung angegeben, vor mehreren Jahren das Abzugsrohr der Gastherme verstopft zu haben. Gegen sie wird jetzt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Die Vormieter, eine Mutter und deren erwachsener Sohn, hatten in einer Vernehmung ausgesagt, dass sie das Rohr der damals abgestellten Therme verstopft hatten, um sich vor Zugluft und Kälte zu schützen. Bei den Ermittlungen waren in dem Abzugsrohr Stoff und Zeitungen gefunden worden. Neben dem Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung werde nach weiteren „Unglücksfaktoren“ und einer etwaigen Verantwortlichkeit Dritter gesucht, hieß es weiter.

Unterdessen kristallisierten sich weitere Details zur Vorgeschichte heraus. Bereits am 11. Juli wurde in der Wohnung der Verstorbenen eine technisch bedingte Gaszählersperrung durch die Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg (NBB) vorgenommen, weil in der Leitung eine undichte Stelle festgestellt worden sei, sagte Sprecher Carsten Döring. „Erdgas ist nicht giftig – nur bei einer ungenügenden Verbrennung. Doch sieht ein Leck dieser Art eine Instandsetzung durch den Vermieter vor.“ Bis dahin werde das Gas abgestellt und der Zähler mit einer Plombe aus Draht versehen, um sicherzugehen, dass kein Gas benutzt werden könne.

Der inzwischen verstorbenen Mieterin sei damals nach der Feststellung eine Mängelkarte ausgehändigt worden, um den Vermieter auf seine Pflicht hinzuweisen, die Wartungsarbeiten vorzunehmen. Die Leitung sei bereits vorher gesperrt gewesen, weil die Vormieter ihre Gasrechnung nicht bezahlt hätten. Die verstorbene Familie war erst vor vier Wochen in die Wohnung gezogen.

„Wenn ein Installateur den Schaden behoben hätte, wäre die Karte an uns zurückgegangen. Dies war nicht der Fall“, sagte Döring. Genauso wenig wie laut Bezirksschornsteinfeger Harry Laubenstein die vorgeschriebene Überprüfung der Therme vorgenommen worden sei. Ob der Gaszähler womöglich von den Verstorbenen manipuliert wurde – also die Drahtplombe entfernt wurde, um an Gas zu kommen –, kann der Gasnetzbetreiber nicht mehr feststellen. „Die Gerätschaft wurde am Tag, als die Leichen aufgefunden wurden, von der Polizei entfernt. Sie müsste das wissen.“

Nach NBB-Sprecher Döring ist seit dem Vorfall die Gasversorgung des gesamten Hauses unterbrochen. Techniker hätten nach dem Unglück auch eine leichte Undichtigkeit an der Leitung im Gebäude festgestellt. „Auch hier ist der Erdgasaustritt gering und nicht gefährlich. Doch sind wir dazu verpflichtet, das Haus vom Gas zu nehmen.“ Aktuell überprüfe ein Installationsunternehmen die Leitungen.

Seit 1996 werde in Berlin mit Erdgas geheizt. Davor sei giftiges Stadtgas verwendet worden, das beim Einatmen in zu großen Menge tödlich wirkt, sagte Döring. „Bei zu viel Erdgas herrscht heute Explosionsgefahr, deshalb ist ihm ein riechbarer Odorstoff beigemischt. Auch ein Gasherd stellt deshalb keine Gefahrenquelle dar.“ Bei dem Unglück in Köpenick müsse es an der Therme gelegen haben, in der Erdgas verbrannt werde. Im Gegensatz zum Gasherd könne dort aufgrund des geschlossenen Raumes bei zu wenig Sauerstoffzufuhr bei der Verbrennung des Erdgases anstatt CO2 das giftige CO entstehen. (mit dapd)

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