Brandenburg: „Es ist bizarr, wenn hier die Stasi die Stasi ausschließt“
Rechtsanwalt Peter Michael Diestel über den Umgang der Linken mit seinem Mandanten und die Forderungen auf Mandatsverzicht
Stand:
Herr Diestel, Sie vertreten Herrn Hoffmann. Wird er der Forderung auf Mandatsverzicht aus seiner Partei nachkommen?
Nein, das wird er ganz sicher nicht. Er ist als Abgeordneter frei und niemandem außer sich, seinem Gewissen und der Rechtsordnung verpflichtet. Er ist kein Straftäter, es hat keinen Wahlausschluss gegeben – also wird er in all seinen Funktionen bleiben.
Er wird also im Landtag zur Not auch als Fraktions- und, wenn ihn die Partei am Ende ausschließen sollte, auch als parteiloser Abgeordneter bleiben?
Ja, selbstverständlich. Er wird sich aber auch kritisch mit dem auseinandersetzen, was in den Akten steht. Nur: Er selbst kennt sie ja bisher noch nicht; und die Sachen, die ihm da vorgehalten werden, die beträfen, wenn sie denn stimmen sollten, seine Jugendzeit, das ist fast 40 Jahre her.
Aber Herr Hoffmann hätte sich doch seiner Partei gegenüber offenbaren können.
Er sagt, dass er an die Sachen, die ihm da vorgeworfen werden, keine Erinnerung hat. Und: Was da aus der Fraktion und aus der Partei kommt ist schon komisch.
Warum?
Na, es ist doch mehr als bizarr, wenn hier die Stasi die Stasi ausschließt.
Sie spielen auf Fraktionschefin Kerstin Kaiser und auf Landesparteichef Thomas Nord an, die selbst als IMs für die Stasi gespitzelt hatten, sich aber längst dazu bekannt haben.
Es kann doch nicht sein, dass die einen sagen, der war aber mehr Stasi oder mehr IM als wir und deshalb fliegt er raus. Wo gibt es denn so etwas, wer legt denn da den Maßstab an?
Hoffmann fühlt sich ungerecht behandelt?
Ja. Und für die Partei und die Fraktion könnte es sich als Bärendienst erweisen, einen aus ihrer Mitte zu werfen, ohne dass er die Gelegenheit gehabt hätte, sich zu rechtfertigen, sich zu verteidigen.
Er ist heute nicht ans Telefon gegangen, war für seine Partei nicht zu erreichen, ist nicht in Potsdam erschienen...
Man hatte ihn zum Tribunal einbestellt wie einen Schwerverbrecher und er hatte einfach auch andere Termine.
Herr Diestel, man kann es ja drehen und wenden wie man will: Hoffmann hat als IM für die Stasi gearbeitet, das geht aus der Akte hervor.
Sehen, Sie, wenn die von einigen Medien veröffentlichte Verpflichtungerklärung, die Herr Hoffmann als 17-Jähriger unterschrieben haben soll, echt ist, dann wäre das schon nach DDR-Recht ungesetzlich gewesen.
Was?
Na, auch nach DDR-Recht hätte er als Nichtvolljähriger nicht verpflichtet werden dürfen, ohne, dass die Eltern einbezogen waren.
Der Vater war laut Akten einverstanden.
Ich sage es ausdrücklich – wir kennen die Akte ja noch nicht: Der Vater allein hätte wohl nicht gereicht, und die Werbung von Jugendlichen unter 18 Jahren war auch in der DDR ungesetzlich.
Das Gespräch führte Peter Tiede
Peter-Michael Diestel, 57, letzter Innenminister der DDR, Ex- CDU-Fraktionschef in Brandenburg, vertrat zahlreiche Ex-Angehörige und IMs des MfS; Kanzleien u.a. in Potsdam und Güstrow.
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