Brandenburg: „Generalstaatsanwaltschaft befangen“
Trennungsgeldaffäre: Justiz-Staatssekretär Kluge tritt zurück und erhebt Vorwürfe gegen oberste Ermittlungsbehörde des Landes
Stand:
Trennungsgeldaffäre: Justiz-Staatssekretär Kluge tritt zurück und erhebt Vorwürfe gegen oberste Ermittlungsbehörde des Landes Potsdam - Der bisherige Staatssekretär im Justizministerium Hans-Georg Kluge hat schwere Vorwürfe gegen Brandenburgs Generalstaatsanwaltschaft erhoben. Ihr Verhalten in der Trennungsgeld-Affäre sei „hochproblematisch“ und lasse auf Befangenheit schließen, sagte er gestern den PNN. Kluge bezog sich dabei auf ein Schreiben, das der stellvertretende Generalstaatsanwalt Ewald Bröhmer an den Tagesspiegel und die Potsdamer Neuesten Nachrichten gerichtet hat (siehe Kasten). Bröhmer bestreitet darin, dass Brandenburger Spitzenjuristen zu Unrecht Trennungsgeld erhalten haben. Es wird unter ganz speziellen Bedingungen gezahlt, wenn Wohn- und Dienstort auseinander liegen. Laut Bröhmer sind Informationen über zu viel gezahltes Trennungsgeld an hochrangige Landesjuristen „aktuell falsch“ und auch mit Blick auf den Ausgang der formal noch offenen Untersuchungen „realitätsfern“. Wörtlich heißt es in seinem Schreiben: „In praktisch keinem Fall gibt es außer ehrabschneidenden Verunglimpfungen eine konkrete Feststellung.“ Der bisherige Justiz-Staatssekretär Kluge wertet dies als „unerhörten Vorgang“ und als Indiz dafür, dass die Generalstaatsanwaltschaft des Landes die Trennungsgeld-Affäre möglichst schnell und geräuschlos „beerdigen will“. „Um die Freiheit zu haben, mich gegen falsche Behauptungen zu wehren“, hat Kluge in einer „Blitzaktion“ die neue Justizministerin Beate Blechinger um seine sofortige Entlassung gebeten. Diese entsprach seiner Bitte. Kluge sagte den PNN, es sei unzulässig, dass der für die Trennungsgeld-Ermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft zuständige Abteilungsleiter sich in der Öffentlichkeit in dieser Art und Weise zu laufenden Verfahren äußere und schon Prognosen über ihren Ausgang abgebe. „Hochproblematisch“ seien die Äußerungen auch deshalb, weil zwei Beamte der Generalstaatsanwaltschaft selbst betroffen seien. Gemeint sind Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, der nach früheren Angaben von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) 5000 Euro Trennungsgeld zurückzahlen wollte, sowie sein Sprecher Rolf Grünebaum, gegen den das Justizministerium ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat. Kluge sagte, „es wäre guter Stil gewesen“, die bei der Generalstaatsanwaltschaft laufenden Ermittlungsverfahren – unter anderen gegen Ex-Justizstaatssekretär Gustav-Adolf Stange – abzugeben, da die Behörde selbst betroffen und somit Befangenheit zu vermuten sei. Folge man den Darlegungen von Vize-Generalstaatsanwalt Bröhmer, müssten die vom Justizministerium und von der Staatskanzlei eingesetzten externen Prüfungs-Kommissionen „unter Halluzinationen“ gelitten haben. Dies sei auch ein Affront gegen Ministerpräsident Matthias Platzeck. Dieser hatte im Landtag nach Abschluss der externen Überprüfungen im Justizministerium Ende Januar 2004 das Anspruchsverhalten hoher Justizbeamter gerügt und festgestellt, dass es zu Zahlungen gekommen sei, „die nie hätten geleistet werden dürfen, und stellenweise in Höhen die atemberaubend sind“ lägen. Damals waren im Justizministerium 33 von 70 untersuchten Fällen durch eine externe Kommission unter Leitung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht a.D. Paul Schwarz beanstandet worden. Platzeck hatte darauf hin die gesamten Entschädigungs-Zahlungen der Landesregierung durch den Trennungsgeld-Experten Wolfhart Schulz von der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung überprüfen lassen. Dieser kam in seinem Abschlussbericht ebenfalls zu dem Schluss, dass es zu erheblichen Überzahlungen gekommen sei. Eine Hauptursache neben falschen Berechnungen: Trennungsgeld darf nur gezahlt werden, wenn der Antragsteller tatsächlich „uneingeschränkt umzugswillig“ ist. Nach Erkenntnissen beider Kommissionen fehlte diese Bereitschaft in vielen Fällen bei den Antragstellern und ihren Familien. Dies wurde nicht geprüft, Trennungsgeld quasi automatisch weitergezahlt. Noch heute haben hohe Justizbeamte Brandenburgs, die in den neunziger Jahren Trennungsgeld bekamen, ihren Hauptwohnsitz in Westdeutschland. Ausgelöst worden war die Affäre durch Vorwürfe gegen Ex-Justiz-Staatssekretär Gustav-Adolf Stange, der 33 000 Euro Trennungsgeld zu Unrecht erhalten haben soll, was er bestreitet. Keines der eingeleiteten Ermittlungs- oder Disziplinarverfahren ist bisher abgeschlossen. Kluge vermutet, dass der Druck aus der Justiz auf die bisherige Justizministerin Barbara Richstein (CDU), der schließlich zu ihrer Ablösung führte, nur das Ziel einer Einstellung der Verfahren hatte. „Richstein hat keinen Fehler gemacht und ermittelt, wozu sie verpflichtet war“, sagte Kluge. Vize-Ministerpräsident und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bekräftigte gestern: „Die beanstandeten Trennungsgeld-Fälle müssen selbstverständlich abgearbeitet werden, im Interesse der Justizmitarbeiter, aber auch des Landes.“ Die neue Justizministerin Beate Blechinger (CDU) äußerte sich zurückhaltend: „Ich werde das tun, wozu ich verpflichtet bin." Regierungschef Platzeck hatte im Januar erklärt: „Bestehende Ansprüche auf Rückzahlung von Trennungsgeld werden wir geltend machen. Wenn es Anlass gibt, dienst- oder arbeitsrechtlich gegen Landesbedienstete vorzugehen, wird dies erfolgen, wo möglich wird Strafanzeige erstattet."
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: