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Mord in Templin: Getreten, gewürgt, angezündet

Strafe für "Befehlsverweigerung“: Zwei Rechtsextremisten stehen wegen der Ermordung eines Obdachlosen in Templin vor Gericht.

Von Frank Jansen

Neuruppin - Schlimmere Vorwürfe kann ein Staatsanwalt kaum erheben. Die massiven Tritte der zwei Angeschuldigten hätten bei Bernd K. (55) „zur vollständigen Zertrümmerung des Mittelgesichtsskeletts“ geführt, sagt Ankläger Kai Clement. Er spricht von Schnittwunden im Gesicht, zugefügt mit einem abgebrochenen Flaschenhals. Auch sei das Opfer kräftig gewürgt worden. Zuletzt hätten die Angeklagten den schon toten Bernd K. mit Abfällen beworfen und angezündet, um ihn „weiter zu erniedrigen“.

So hat am Montag am Landgericht Neuruppin der Prozess gegen zwei Rechtsextremisten begonnen, die ein grässliches Verbrechen begangen haben sollen. Der Fall hatte Entsetzen ausgelöst und wurde in den Medien mit dem grausigen Mord von Potzlow verglichen. Nun muss sich die Jugendkammer in Neuruppin wieder einmal mit einem Fall befassen, der von extremer Verrohung kündet.

Der 22-jährige Christian W. und der 19-jährige Sven P. sind angeklagt, in der Nacht zum 22. Juli 2008 in Templin den alkoholkranken Arbeitslosen Bernd K. ermordet zu haben – „aus Verachtung für den am Rande der Gesellschaft lebenden Mann“, wie Clement vorträgt. Die rechte Motivation der beiden habe „eine entscheidende Rolle“ gespielt. Der Staatsanwalt hält Sven P. zudem „Mordlust“ vor: er habe sehen wollen, „wie ein Mensch stirbt“. Auch soll P. auf dem Markt in Templin „Sieg Heil“ gerufen haben.

Laut Anklage haben die Angeschuldigten und das Opfer zunächst auf dem Marktplatz gemeinsam Bier konsumiert. Das Trio wollte dann zu Fuß weiter. Plötzlich setzte sich Bernd K. auf das mitgeführte Fahrrad und fuhr los, vielleicht war ihm die Begleitung der Rechtsextremisten nicht mehr geheuer. Christian W. und Sven P. fühlten sich düpiert. Sie holten K. ein und beschimpften ihn als „Drecksvieh“, es gab erste Tritte. Dennoch zog Bernd K. mit ihnen zur einstigen Werkstatt seines Vaters. Dort schlief er ein. Die Rechtsextremisten aber wollten weiter. Entsprechend ihrer Gesinnung hätten sie beschlossen, Bernd K. für die „Befehlsverweigerung“ zu bestrafen, sagt der Staatsanwalt. Sie hätten das Opfer „arbeitsteilig“ und „auf brutale und menschenverachtende Weise“ misshandelt, „wobei sie seinen Tod zumindest billigend in Kauf nahmen“.

Die Angeklagten tragen unauffällige Kurzhaarfrisuren, Sven P. hat an der rechten Hand eine Odalsrune tätowiert. Beide hören fast regungslos zu – auch als der Staatsanwalt noch eine Anklage verliest. Christian W. soll im Juni 2008 einen Mann geschlagen haben, weil der ihn anlachte. Und elf Tage später habe W. einen Mann getreten, weil der ihm kein Geld für ein Bier geben wollte.

Ob der Prozess nächste Woche weitergeht, ist nicht sicher. P.s Verteidiger verlangt, das Verfahren auszusetzen, weil das LKA noch nicht die komplette Auswertung aller Spuren geliefert habe.

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