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Maskenmann-Prozess: Gutachter zweifelt an Schilderung von Opfer

Sind die Schilderungen des entführten Opfers plausibel? Diese Frage wird nun im Indizienprozess um den sogenannten Maskenmann laut. Heute sagte ein Gutachter aus - und äußerte Zweifel.

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Frankfurt (Oder) - Kann man im Dunklen von einer Insel fliehen, ohne sich zu verletzen? Im „Maskenmann“-Prozess hat ein Gutachter Zweifel an der Darstellung eines zeitweise entführten Managers geäußert. Es sei für ihn „nicht vorstellbar“, wie der Manager im Dunklen durch das unwegsame Gelände am Großen Storkower See habe flüchten können, ohne sich im Gesicht oder an den Händen zu verwunden, sagte der Gerichtsmediziner Harald Voß vor dem Landgericht Frankfurt (Oder). Der Mann hatte sich selbst befreit. Er war nach eigenen Angaben im Herbst 2012 von einem Maskierten verschleppt worden.

Voß wurde am Montag zum gesundheitlichen Zustand zweier Opfer des 46 Jahre alten Angeklagten gehört. Diesem werden versuchter Mord und Totschlag vorgeworfen. Er soll vor mehr als drei Jahren eine Unternehmergattin in Bad Saarow niedergeknüppelt haben. Später soll der Maskierte auf die Tochter der Familie geschossen haben. Die Schüsse verfehlten sie und trafen ihren Wachmann, der seitdem im Rollstuhl sitzt. Ein Jahr später soll der Mann den Manager entführt haben, um Lösegeld zu erpressen.

Warum der entführte Manager nach seiner Flucht nicht rechtsmedizinisch untersucht wurde, konnte nicht geklärt werden. So musste sich der Gutachter Harald Voß auf eine spätere Befragung des Mannes, Zeugen und eine Ortsbegehung stützen. Zudem hatten zuvor mehrere Zeugen ausgesagt, dass sie sich nicht an sichtbare Verletzungen bei dem 53-Jährigen erinnern konnten. Dass der Mann seine Tortur ohne Unterkühlung überstanden habe, hielt der Gutachter dagegen für „nicht ausgeschlossen – aber ungewöhnlich.“ Der Manager war nach eigenen Angaben mehr als 30 Stunden auf einer Schilfinsel gefangen. Er musste sich an ein Kajak klammern und wurde dann von seinem maskierten Entführer auf einer Luftmatratze zu der Insel gezogen.

Ein Notarzt, der ihn nach der Flucht kurz begutachtet hatte, hatte eine gerichtsmedizinische Untersuchung empfohlen. Der Manager sei damals zum Zweck der Spurensicherung in einen Einweg-Overall gehüllt gewesen, sagte der Arzt vor Gericht. Er habe ihn deshalb nur oberflächlich untersuchen können. Dabei seien ihm keine Verletzungen oder Unterkühlungszeichen aufgefallen.

Zudem wurden mehrere Polizeibeamte und ein Ehepaar aus Wendisch-Rietz (Oder-Spree) als Zeugen befragt. Bei dem Paar hatte das mutmaßliche Opfer auf seiner Flucht um Hilfe gebeten. Der Manager hatte darum gebeten, die Polizei anrufen zu dürfen. Dabei äußerten sich die Zeugen widersprüchlich in der Frage, ob das Opfer nass und wie schmutzig es gewesen war.

Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden. Antje Scherer

Antje Scherer

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