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Verdacht auf Brandstiftung. Beamte der Kriminalpolizei vor Ort.

© ZB

Von Jörg Schreiber: „Haus der Demokratie“ in Zossen abgebrannt Brandursache weiter unklar / Augenzeugen sahen Neonazis vor brennendem Gebäude

Zossen - Das „Haus der Demokratie“ in Zossen ist in der Nacht zum Samstag komplett niedergebrannt. Der Sachschaden wird auf etwa 200 000 Euro geschätzt.

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Zossen - Das „Haus der Demokratie“ in Zossen ist in der Nacht zum Samstag komplett niedergebrannt. Der Sachschaden wird auf etwa 200 000 Euro geschätzt. Menschen wurden nicht verletzt. Nach Polizeiangaben vom Sonntag ist die Brandursache weiter unklar. Von einem technischen Defekt bis hin zu Brandstiftung aus politischen Motiven sei alles möglich, sagte ein Polizeisprecher. Spezialisten des Landeskriminalamts nahmen Proben vom Brandort, die im Labor ausgewertet werden müssen. Das könnte einige Tage dauern.

Das Feuer war am späten Freitagabend in einem Abstellraum ausgebrochen. Es seien dort weder Reste von Brandbeschleuniger noch andere Beweismittel entdeckt worden, sagte der Polizeisprecher. Nach Angaben des Potsdamer Vereins „Opferperspektive“ sollen sich am späten Freitagabend Neonazis der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ vor dem brennenden Gebäude gegenseitig fotografiert haben. Die Polizei bestätigte, dass sie die Personalien mehrerer Neonazis aufgenommen hat, die sich vor dem brennenden Gebäude gegenseitig fotografierten. In einschlägigen Internetforen wird der Brand bereits von der Szene bejubelt. „Zugabe!“ fordert dort ein User.

Die Mitglieder der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ äußerten sich bestürzt über den Brand. „Solange kein Ergebnis vorliegt, halten wir uns mit Spekulationen zurück“, sagte Sprecher Jörg Wanke. Nachdenklich stimme ihn jedoch, dass sich in dem Abstellraum, wo der Brand ausgebrochen war, alte Reifen und Stapelstühle aus Kunststoff, aber keine elektrischen Geräte befanden.

Auch Schweißarbeiten einer Heizungsfirma am Donnerstag im Zusammenhang mit der geplanten Eröffnung eines Cafés hätten diesen Raum nicht betroffen.

Die Bürgerinitiative hatte das „Haus der Demokratie“ erst im September 2009 eröffnet. Mit der Einrichtung sollte verhindert werden, dass sich in Zossen feste Neonazi-Strukturen bilden. Die Initiative selbst hatte sich im Januar 2009 gegründet, nachdem Neonazis Ende 2008 eine Gedenkveranstaltung für Zossener Juden gestört hatten. Schon kurz nach der Eröffnung war das „Haus der Demokratie“ verwüstet worden. In den vergangenen Wochen hatte es in Zossen erneut kleinere Anschläge etwa auf Briefkästen und die Scheibe eines Büros gegeben. Die Ermittlungen dazu laufen noch.

Nach Angaben linker Gruppen soll es rege Kontakte zwischen den Rechten aus Zossen und dem Berliner Neonazi Julian B. gegeben haben. Er war 2008 einer der Hauptverdächtigen der fremdenfeindlichen Brandanschläge in Rudow 2008. Bei einem Aufmarsch gegen das Haus der Demokratie im September soll er sich unter den Teilnehmern befunden haben.

Ein für kommenden Mittwoch im „Haus der Demokratie“ geplantes Gespräch mit einem ehemaligen Häftling des KZ Sachsenhausen sei in den Gemeindesaal der Kirchgemeinde verlegt worden, sagte Wanke. Schon für Montagabend sei ein Treffen geplant, bei dem über Perspektiven gesprochen werden soll. (mit jra)

Jörg Schreiber

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