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Von Werner van Bebber: „Ich habe nichts Böses getan“
Der einstige CDU-Spitzenkandidat steht vor dem Ende seiner politischen Karriere. Seine Fraktion beriet gestern über die Zukunft
Stand:
Berlin - Rücktritt oder Abwahl: Das waren die beiden Möglichkeiten, die CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger am Dienstagnachmittag vor Beginn der Fraktionssitzung hatte.Im Lauf einer viereinhalbstündigen Sitzung entschied sich Pflüger ließ sich Pflüger auf vielerlei Rücktrittsforderungen nicht ein. Nun wollen sich die 37 Unionsabgeordneten am kommenden Donnerstag um elf Uhr abermals treffen: Tagesordnungspunkt eins ist die geheime Abstimmung über den Antrag auf Abwahl des Fraktionsvorsitzenden.
Dass Pflüger den Donnerstag Vormittag politisch übersteht, halten viele in der Fraktion für ausgeschlossen. Auch unter denen, die bislang loyal zu Pflüger standen, überwiegt die Erwartung, dass der Fraktionschef keine Chance mehr hat. Dass Pflüger nicht schon am gestrigen Dienstag sein Amt verloren hat, liegt an der Satzung der Fraktion; sie fordert Einstimmigkeit, wenn noch am selben Tag über die Fraktionsführung abgestimmt werden soll. Pflüger aber soll sich, so berichten es Teilnehmer der Sitzung, zumindest bis zum Donnerstag Vormittag Zeit ausbedungen haben. Immerhin besteht so die Möglichkeit, dass die CDU-Fraktion mit neuer Führung in die erste Sitzung des Abgeordnetenhauses nach der Sommerpause geht. Pflüger will die Frist nutzen, um „zu kämpfen“, wie er sagte. Er habe sich 2006 dafür entschieden, Berlin zu seiner Lebensaufgabe zu machen, so Pflüger, „ich will kämpfen für meine Person, für das, wofür ich politisch stehe.“ Die Chancen dieses Kampfes stehen nicht gut. Abgeordnete erwarten für den Donnerstags eine starke Mehrheit gegen Pflüger, einer sprach von 80 zu 20 gegen ihn.
Sogar politische Freunde des vor zwei Jahren nach Berlin gekommenen Politikers hatten sich auf das Ende seiner Laufbahn eingestellt. In ziemlich atemberaubendem Tempo hat sich der Mann, in den viele bürgerliche Wähler einige Hoffnung setzen, den politischen Boden unter den Füßen weggezogen. Auch diejenigen, mit denen er am Montagabend und am Dienstagmorgen noch gesprochen hatte, waren erschüttert über Pflügers Wankelmut: Am vergangenen Donnerstag hatte er verkündet, er strebe das Amt des Landesvorsitzenden an und wolle darum mit Landeschef Ingo Schmitt kämpfen. In diesen Schritt waren auch enge Parteifreunde nicht eingebunden. Pflüger hatte sich vorher mit vielen beraten, doch dann offenbar alle im Unklaren über seinen Plan gelassen.
Entsprechend groß waren die Irritationen in der Partei und der Unmut der Kreischefs, die das innerparteiliche Machtgefüge sichern. Am Sonntagabend trafen sie sich mit Pflüger zu einer Krisensitzung. Die endete am frühen Montagmorgen damit, dass Pflüger seine Ansprüche zurückzog. Im Gegenzug erklärten die Kreischefs einstimmig, sie unterstützten Pflügers Kurs in Richtung Mitte unter dem Stichwort „Aufbruch“: Bemühung um neue Wählerschichten und Themen wie Bildung, Familie, Integration. Am Montagnachmittag aber erklärte er seinen Rückzug vom Rückzug: Man habe ihn unter Druck gesetzt und ihm einen faulen Kompromiss aufgezwungen, so Pflüger. Das sei mit ihm nicht zu machen.
In der Fraktion und in der Parte rechnete man damit, dass der parlamentarische Geschäftsführer Frank Henkel neuer Fraktionschef werden würde. Henkel äußerte sich gestern vor Beginn der Sitzung nicht dazu. In der Partei hieß es allerdings auch, dass Ingo Schmitt unter diesen Umständen nicht mehr lange Landeschef bleiben könne. Das habe mit Schmitts Anteil an Pflügers Abgang zu tun – der Landeschef habe viel zu wenig getan, um Pflügers politische Vorstellungen in die Partei zu transportieren. Außerdem stehe „das Duo Schmitt und Henkel“ allenfalls für den Teil der Berliner CDU, dem die Konzentration auf Arbeit, Bildung, Sicherheit thematisch ausreiche.
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