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Interview: „In Potsdam verändert sich offensichtlich die Wählerstruktur“

Der Politikwissenschaftler Jochen Franzke erklärt, warum die Wähler in Potsdam so genau unterscheiden, bei welcher Wahl sie welcher Partei ihre Stimme geben.

Stand:

Herr Franzke, in Potsdam hat es bei den vergangenen vier Wahlen drei Gewinner gegeben: die CDU bei der Bundestags-, die SPD bei der Europa- und die Linken bei der Kommunalwahl. Nun gewann wieder die SPD. Wie lässt sich das erklären?

Jochen Franzke

(60) ist Politikwissenschaftler an der Universität Potsdam. Er forscht unter anderem zur Entwicklung der Demokratie.

Gerade in Ostdeutschland sind Wechselwähler weit verbreitet, das zeigt sich auch in Potsdam. Denn zwar können die Parteien auf eine Stammwählerschaft zurückgreifen – aber an solchen Ergebnissen zeigt sich, dass die Leute schon genau unterscheiden, welcher Partei sie bei welcher Wahl ihre Stimme geben.

Zugleich gehörten bei den zurückliegenden Wahlen die Linke und die SPD zu den Verlierern, die bisher in Potsdam dominierenden Parteien. Dagegen konnten CDU und Grüne punkten. Hat diese Entwicklung auch mit Potsdams Wachstum zu tun?

Es ist in der Tat auffällig, dass die beiden großen linken Parteien verloren haben – wobei ihre Direktkandidaten weniger Verluste wegstecken mussten. Allein im Wahlkreis 21 hat etwa die SPD rund acht Prozentpunkte eingebüßt – das ist schon heftig. Zugleich haben sich die Grünen um vier Prozent verbessert. Daran sieht man, dass sich die Wählerstruktur offensichtlich ändert – wie auch anderswo im Berliner Speckgürtel, in den immer mehr potenzielle Grünen-Wähler ziehen. Allerdings brauchen solche Prozesse ihre Zeit, das ist nicht nur eine Sache von drei, vier Jahren.

Wird Potsdam also konservativer?

Nicht unbedingt. Schon jetzt erreicht die Zufriedenheit der Bevölkerung in Potsdam Spitzenwerte, die Lebensqualität ist hoch. Wenn das so bleibt, ändert sich auch das Wahlverhalten: Die Menschen gehen dann zu Parteien, die für Partizipation stehen, für Themen wie Umwelt- und Verbraucherschutz. Darauf müssen Parteien eingehen, wenn sie vom Zuzug profitieren wollen.

Ein Wort zum Abschneiden der AfD

Ich hatte ehrlich gesagt mit einem besseren Ergebnis für Spitzenkandidat Alexander Gauland gerechnet, der ja in Potsdam gut vernetzt ist und dennoch nur rund sieben Prozent erhielt.

Die Fragen stellte Henri Kramer

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