zum Hauptinhalt
Mit Stolz. Aziz Tariq aus Pakistan mit seiner Arbeitserlaubnis. Er will zeigen, dass er arbeiten kann und will.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: „Integration heißt Arbeit“

Der deutsche Arbeitsmarkt sucht händeringend Personal. Doch Flüchtlinge und Arbeitgeber zusammenzubringen ist schwierig. Der gebürtige Iraker Ahmed Brandenburg hat einen Weg gefunden

Stand:

Strausberg/Buckow - Aziz Tariq ist die Freude anzusehen. Der 35-jährige Flüchtling aus Pakistan zeigt mit strahlendem Gesichtsausdruck seine druckfrische Arbeitserlaubnis, auf die der gelernte Koch ein Jahr lang gewartet hat. Das Problem war: Tariq hat keinen gültigen Aufenthaltstitel. Und ohne den gibt es von der Ausländerbehörde auch keine Arbeitserlaubnis – normalerweise. Doch die Behörde machte eine Ausnahme – dank der Überzeugungskraft von Ahmed Brandenburg. Der seit 18 Jahren in Deutschland lebende Iraker hatte ein Unternehmen gefunden, dass sich schriftlich bereit erklärt hat, den pakistanischen Flüchtling einzustellen, obwohl dieser keine Aufenthaltserlaubnis hat.

„Ohne ihn hätte ich das nicht geschafft“, zeigt der in Hoppegarten (Märkisch-Oderland) lebende Pakistani auf sein Gegenüber Ahmed Brandenburg. Dessen Erfahrung: „Integration heißt nicht nur Deutsch lernen, sondern die Deutschen zu verstehen. Das funktioniert am besten über die Arbeit.“ Tatsächlich hat der erstaunlich wortgewandte und charmant auftretende Brandenburg für seinen Schützling nicht nur die bürokratischen Hürden überwunden, sondern dem Pakistani tatsächlich einen Job als Küchenhilfe in einem Restaurant am Berliner Ostbahnhof vermittelt.

Zunächst befristet für ein Jahr muss Tariq nun beweisen, „dass er arbeiten kann und will“, betont sein 44-jähriger Mentor. Ahmed Brandenburg, der Iraker mit dem deutschen Familiennamen seiner Frau, ist Jobcoach bei der Gesellschaft für berufliche Aus- und Weiterbildung (GBA) in Strausberg (Märkisch-Oderland). Sie macht im Auftrag der Bundesarbeitsagentur Flüchtlinge für den deutschen Arbeitsmarkt fit. „Perspektiven für Flüchtlinge“ nennt sich das Projekt, das Deutschunterricht, das Ausloten von beruflichen Vorkenntnissen und Bewerbungshilfe einschließt. „Herr Brandenburg ist ein Glücksgriff. Er hat einen ähnlichen Lebensweg hinter sich wie die meisten Flüchtlinge, ist sehr engagiert und fleißig – auch noch in seiner Freizeit“, sagt Toni Gabriel von der Strausberger Arbeitsagentur.

Vor 18 Jahren floh der gebürtige Iraker Ahmed Brandenburg vor den Schergen Sadam Husseins. Welche Hürden die deutsche Bürokratie birgt und wie sie zu überwinden sind, hat er in den Folgejahren erlebt. Vor zehn Jahren kam der Iraker schließlich nach Petershagen (Märkisch-Oderland), lernte seine zukünftige Frau über einen Kampfsportverein kennen, in dem sie beide trainierten.

Bei der GBA wurde der 44-Jährige zunächst als Dolmetscher engagiert und inzwischen als Jobcoach. Das aktuelle Projekt läuft seit Dezember 2015 mit 30 Flüchtlingen. „Ich unterhalte mich mit ihnen, lote ihre beruflichen Kenntnisse aus und suche die passende Stelle für sie“, erklärt er. Bei immerhin 13 seiner Schützlinge hat das bereits geklappt. „Auch wenn sie vor ihrer Flucht noch keine Ausbildung gemacht haben, schlummern in ihnen doch Potenziale“, betont Brandenburg.

Mit seinem Engagement will er auch erreichen, dass Flüchtlinge nicht in die großen westdeutschen Städte abwandern. „Es wird im Land viel in die Qualifizierung von Asylbewerbern investiert, aber nichts, um sie dann hier auch zu halten“, sagt er. Deswegen ist Brandenburg auch nach Dienstschluss noch unterwegs, um Unternehmen zu finden, die Flüchtlingen eine berufliche Chance geben.

Bei Jens Wandel, Inhaber des Strandhotels in Buckow (Märkisch-Oderland), ist Brandenburg offene Türen eingerannt. Der Geschäftsmann unterstützt das Flüchtlingsheim im benachbarten Müncheberg (Märkisch-Oderland), hat für die Bewohner in seinem Hotel sogar eine Weihnachtsfeier ausgerichtet. Acht Flüchtlinge konnten bei ihm bereits ein Praktikum machen.

Der 23 Jahre alte Refat al-Naccal zeigte sich besonders talentiert, lernte schnell Deutsch, ist zuvorkommend zu den Gästen und beginnt im September eine Ausbildung in dem Hotel. „Ich sehe mein Engagement auch als eine Art Aufklärung für meine Gäste. Die sehen, dass Flüchtlinge wirklich arbeiten wollen und uns nicht auf der Tasche liegen, wie oft behauptet wird“, so der Hotelchef. Das will auch Tariq in seinem neuen Job beweisen. „Endlich ist die Zeit des Nichtstuns, der Warterei vorbei und ich kann Geld verdienen“, freut er sich. Jeanette Bederke

Jeanette Bederke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })