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Von Matthias Matern: Kraftwerk-Investor bangt um Projekt in Wustermark Widerstand in der Gemeindevertretung wächst. Abstimmung über Bebauungsplan im Sommer

Wustermark - Die Stimmung in Wustermark (Havelland) ist gekippt – nicht nur auf der Straße, sondern auch bei den Gemeindevertretern. Für 640 Millionen Euro will die Wustermark Energie GKW GmbH & Co.

Von Matthias Matern

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Wustermark - Die Stimmung in Wustermark (Havelland) ist gekippt – nicht nur auf der Straße, sondern auch bei den Gemeindevertretern. Für 640 Millionen Euro will die Wustermark Energie GKW GmbH & Co.KG nahe des sogenannten B5 Outlet-Centers am Berliner Ring eines der größten Gas- und Dampfkraftwerke Deutschlands bauen ( PNN berichteten). 2015 soll die Anlage fertig sein und nach Angaben der Entwickler in den kommenden 20 Jahren Bund, Land und Gemeinde Steuereinnahmen in Höhe von 190 Millionen Euro bescheren. Seit rund einem Jahr kämpft ein Bürgerinitiative (BI) gegen das Vorhaben. Befürchtet werden massive Lärmbelästigung und Wertverluste benachbarter Grundstücke. Doch auch in der Kommunalpolitik, die im kommenden Sommer über den Bebauungsplan abstimmen wird, hat der Rückhalt deutlich abgenommen. Bei den Investoren geht deshalb jetzt die Angst um, dass das Vorhaben scheitern könnte.

„Die Befürchtung ist da, dass der Bebauungsplan abgelehnt wird“, bestätigt Folker Siegmund, Geschäftsführer der eigens gegründeten Wustermark Energie. Eigentümer sind die Schweizer Entwicklungsgesellschaft Advanced Power und die Siemens Project Ventures GmbH. Erst im September hatte Siegmund die Pläne in Potsdam vorgestellt, über den Planungsstand berichtet und anhand einer in Auftrag gestellten Studie die zu erwartenden positiven Effekte geschildert. Selbstbewusst sprach Siegmund vom derzeit zweitgrößten Investitionsprojekt der Region nach dem Großflughafen BBI. Doch die Zuversicht ist verflogen. „Die positive Einschätzung, die wir noch im September hatten, haben wir nicht mehr“, räumt der Geschäftsführer ein.

Auf Ablehnung stößt das Vorhaben vor allem bei der CDU- und der SPD-Fraktion, die zusammen neun der insgesamt 19 Sitze in der Gemeindevertreterversammlung haben. Während sich der CDU-Vorsitzende Roland Mende zum Thema lieber „bedeckt“ halten möchte, nimmt Manfred Rettke, Vorsitzender der SPD-Fraktion kein Blatt vor den Mund: „Wir sind gegen das Kraftwerk und werden deshalb auch gegen den Bebauungsplan stimmen“, sagt er. Erstens sei das Vorhaben für die Gemeinde „eine Nummer zu groß“ und zweitens der Abstand zu den nächstgelegenen Wohnhäusern mit „nur 450 Metern“ zu klein.

Vor allem aber fühlen sich angeblich einige Gemeindevertreter hinters Licht geführt – und zwar von ihrem früheren Bürgermeister Bernd Drees, der kurioserweise selbst SPD-Mitglied ist. Dieser habe Anfang 2009 die Gemeindevertreter gebeten, per Beschluss ein Grundstück nahe des örtlichen Güterverkehrszentrums zum Verkauf freizugeben, dabei aber die Politiker über seine Absichten bewusst nicht informiert. Erst Mitte 2009 gab Drees damals bekannt, in Verhandlung mit den Kraftwerksentwicklern zu stehen, denen er bereits im März zuvor ein Grundstück habe reservieren lassen. Im Frühjahr 2010 kostete der wachsende Widerstand gegen das Vorhaben und die angebliche Heimlichtuerei Drees das Amt. Drees habe „die Rechnung ohne den Wirt gemacht“, ätzt Rettke heute. Bürgermeister wurde der parteilose Holger Schreiber. Dieser hält die Befürchtungen der Kraftwerksgegner für „nachvollziehbar“ und windet sich bei der Frage, ob er das Projekt grundsätzlich befürwortet: „Die Frage kann man schwer beantworten“, findet Schreiber.

Auf ungeteilte Zustimmung stoßen die Pläne lediglich bei Teilen der Linken und bei der Wustermarker Wählergemeinschaft (WWG). „Die Gemeinde, der Kreis und das Land werden profitieren“, ist sich der WWG-Vorsitzende, Harald Schöne, sicher. Vier Sitze hat die Wählergemeinschaft. Die Kritik am Projekt findet Schöne „teilweise überzogen“, die Stimmung bei den Gegnern „sehr aggressiv“. Bei der ersten großen Demonstration gegen das Kraftwerk sei er beschimpft, sogar bedroht worden. „Ich weiß, wo Dein Auto steht und wo Du wohnst“, sei ihm zugerufen worden.

Der Unterstützung der Landespolitik ist sich Kraftwerksbauer Siegmund nach wie vor sicher. Den Stimmungswechsel vor Ort führt er auf den „Druck der Bürgerinitiative“ zurück. 2009 habe es in der Gemeinde noch eine „deutliche Rückendeckung“ gegeben, so Siegmund. „Alle Einwände basieren zu 100 Prozent auf Missverständnissen und falschen Zahlen.“

Demnächst könnte der Druck auf die Befürworter noch zunehmen. Die Gemeindevertreter haben der Forderung der nach eigenen Angaben 1500 Mitglieder starken Bürgerinitiative zugestimmt, im Januar eine Bürgerbefragung durchführen zu lassen. Mitbegründer und Wortführer der BI, Burckhard Ebeling, ist optimistisch: „Der Großteil der Bevölkerung steht hinter uns.“ Das geplante Kraftwerk sei ein „riesengroßes Gebilde mit zwei wahnsinnig großen Schornsteinen.“

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