Von Cornelia Herold: Mai-Krawalle: Jubel über Freilassung Verteidigung hält andere Männer für die Täter
Berlin - Selbst die Verteidigerinnen weinten eine Woche vor Heiligabend vor Freude. Als die Berliner Jugendstrafkammer am Donnerstag die Freilassung von zwei angeklagten Schülern verkündete, flossen auch bei Eltern, Freunden und Zuschauern Tränen der Erleichterung.
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Berlin - Selbst die Verteidigerinnen weinten eine Woche vor Heiligabend vor Freude. Als die Berliner Jugendstrafkammer am Donnerstag die Freilassung von zwei angeklagten Schülern verkündete, flossen auch bei Eltern, Freunden und Zuschauern Tränen der Erleichterung. Seit Monaten hatten sie für die seit den Mai-Krawallen in Untersuchungshaft sitzenden Schüler gekämpft. Die Staatsanwaltschaft wirft den 17 und 20 Jahre alten Freunden versuchten Mord vor, weil sie bei den Krawallen einen sogenannten Molotow-Cocktail auf Polizisten geworfen haben sollen.
Die Jugendrichter des Berliner Landgerichts überraschten kurz vor Weihnachten nun mit ihrer Entscheidung, es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr. Die Haftbefehle wurden aufgehoben, der Prozess geht aber weiter. Das Gericht argumentierte, die beiden Polizisten als Hauptbelastungszeugen seien zwar subjektiv glaubhaft. Sie könnten sich jedoch angesichts des Tumultes in der Mai-Nacht geirrt haben.
Woher der Sinneswandel des Gerichts bei der Einschätzung der Zeugenaussagen kam, wurde nicht erläutert. Noch vor einem Monat war es im Gericht zu Tränen und Protesten gekommen, als die Kammer eine Freilassung wegen Fluchtgefahr ablehnte. Die Ankläger blieben auch jetzt bei ihren Vorwürfen. Verteidigerin Ulrike Zecher zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Zeichen jetzt auf Freispruch stehen. Auch auf den Gerichtsfluren ein einziger Freudentaumel. Dutzende Mitschüler, Freunde und Verwandte umringten die Angeklagten, kreischten und klatschten.
Die Polizisten hatten als Zeugen behauptet, sie hätten die Angeklagten nahezu ununterbrochen beobachtet: vom Werfen des Molotow- Cocktails, der eine unbeteiligte Frau traf und verletzte, bis zur Festnahme. Eine Verwechslung schlossen sie aus. Doch darauf hatten sich die Schüler durchgängig bei allen Vernehmungen berufen. Die Verteidigung hatte mit Dutzenden Anträgen versucht, die Glaubwürdigkeit der Polizisten in Frage zu stellen.
Die Verteidigung hält andere Männer für die Täter und zeigte diese an. Beide wurden in der Krawallnacht von Filmstudenten fotografiert. Einer dieser Männer bestritt eine Beteiligung in seiner Zeugenaussage. Der andere verweigerte die Aussage. Beide sind auf freiem Fuß.
Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) wollte die Entscheidung nicht kommentieren, verwies aber laut einem Sprecher auf die Grundsätze des Rechtsstaates. Wenn ein Gericht zu der Erkenntnis gelange, dass keine ausreichenden Haftgründe mehr vorliegen, ziehe es die Konsequenzen, hebe den Haftbefehl auf und entlasse die Angeklagten.
Cornelia Herold
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