MARKUS DRÖGE JOHANNA HABERER RÜDIGER SACHAU: Mann der Praxis Die Professorin Leiter der Akademie Evangelische Kirche wählt neuen Bischof
Wolfgang Huber geht im Herbst in den Ruhestand. Heute soll sein Nachfolger gekürt werden
Stand:
Seit über zwanzig Jahren arbeitet Markus Dröge als Gemeindepfarrer, dazu in verschiedenen Leitungsfunktionen in der Rheinischen Landeskirche. Seit 2004 führt er als Superintendent den Kirchenkreis Koblenz mit rund 86 000 Protestanten. Dröge kennt die Sorgen und Wünschen der Menschen gut, zumal er auch als Familientherapeut tätig ist. Bei seinem Vorstellungsgottesdienst in der Berliner Marienkirche betonte er, dass Christsein für ihn bedeute zu helfen. Die Kirche müsse diakonisch präsent sein und Missstände anprangern. Gleichzeitig legt er großen Wert auf die Spiritualität der kirchlichen Mitarbeiter. Nur so könne die Kirche Vertrauen gewinnen und Mitglieder. Der 54-jährige promovierte Theologe wuchs in Washington, Bonn, Paris und Brüssel auf. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.clk
Johanna Haberer stammt aus einer Münchner Pfarrersfamilie und wollte eigentlich zum Theater. Doch während des Studiums fand sie ihr Nebenfach, die Theologie, spannender. So wurde Haberer Pfarrerin, leitete drei Jahre eine Gemeinde in Bayern und arbeitete als Journalistin für evangelische Medien. Von 1997 bis 2001 war sie Rundfunkbeauftragte der EKD und sprach das Wort zum Sonntag. Heute unterrichtet die 52-Jährige Christliche Publizistik an der Universität Erlangen-Nürnberg. 1999 wollte Haberer in Bayern schon einmal Bischöfin werden. Weil sie geschieden und alleinerziehende Mutter war, blieb ihre Kandidatur aber umstritten. Während der Wahlgänge zog sie ihre Kandidatur zurück. Heute ist Johanna Haberer in zweiter Ehe verheiratet und lebt mit Mann und zwei Kindern in München. clk
Rüdiger Sachau ist wohl der einzige Bewerber für das Bischofsamt, der sich mit Autos genauso auskennt wie mit Jesus. Der 52-Jährige begann sein Arbeitsleben als Kfz-Mechaniker, bevor er Theologie studierte und Pfarrer in Norddeutschland wurde. Seit 16 Jahren ist er in evangelischen Akademien zu Hause, zunächst in Nordelbien, seit 2006 als Direktor der Akademie in Berlin. Mit jungenhaftem Charme und Teamfähigkeit brachte er frischen Wind in den theologischen Austausch und öffnete die Akademie für aktuelle gesellschaftliche Diskussionen. Sachau arbeitete auch am Reformkonzept „Salz der Erde“ der Landeskirche mit, das unter anderem die Qualität der Gottesdienste verbessern und zur Verschlankung kirchlicher Strukturen führen soll. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. clk
Berlin - Rauchzeichen wie bei der Wahl eines neuen Papstes werden nicht aufsteigen. Spannend wird es trotzdem, wenn am heutigen Freitag die Parlamentarier der evangelischen Landeskirche in der St. Bartholomäuskirche in Berlin-Friedrichshain zusammenkommen, um den neuen Bischof für die nächsten zehn Jahre zu wählen, den Nachfolger von Wolfgang Huber. Der 66-Jährige bleibt noch bis November Berliner Bischof, bis auch ein Nachfolger für sein Amt als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt ist. Dann geht Huber nach 15 Jahren Amtszeit in den Ruhestand.
Es wird spannend, weil die drei Bischofskandidaten sehr unterschiedliche Profile haben, der Sieger aber zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen muss, also mindestens 80 der 123 Kirchenparlamentarier von sich überzeugen muss. Kircheninsider erwarten deshalb, dass mehrere Wahlgänge nötig sein werden. Das Ergebnis dürfte frühestens am Freitagabend feststehen. So viel scheint jetzt schon klar zu sein: Nach 15 Jahren mit dem politisch und intellektuell versierten und durchaus polarisierenden Wolfgang Huber an der Spitze wünschen sich viele Kirchenparlamentarier nun „eher einen Seelsorger-Typ“ im Bischofsamt, einen „warmherzigen“ Menschen, der vermitteln und integrieren kann. Denn die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz mit ihren 1,2 Millionen Mitgliedern ist 20 Jahre nach dem Mauerfall immer noch gespalten, wie zuletzt die Abstimmung in Berlin über Pro Reli gezeigt hat. Während im Westteil Berlins viele Pfarrer das Anliegen unterstützt haben, konnten im Osten viele mit der Forderung nichts anfangen, dass es Religionsunterricht als Pflichtfach in den Schulen geben müsse.
Aber nicht nur zwischen West und Ost gehen die Wahrnehmungen auseinander, auch zwischen Stadt und Land. Rüdiger Sachau, der Direktor der Evangelischen Akademie in Berlin, wurde von den Berliner Großstädtern als Bischofskandidat aufgestellt, ebenso die Münchnerin Johanna Haberer, Universitätsprofessorin und in zweiter Ehe verheiratete Theologin. Der Koblenzer Superintendent Markus Dröge wurde von der ländlichen Fraktion in Brandenburg und Görlitz vorgeschlagen, die ihm vor allem wegen seiner 20-jährigen Erfahrung als Gemeindepfarrer viel zutrauen.
Maximal fünf Wahlgänge soll es am Freitag und Sonnabend geben. Steht dann kein Sieger fest, muss das Bischofswahlkollegium neue Bewerber suchen. Einige halten das für nicht unwahrscheinlich. Auch Wolfgang Huber wurde vor 15 Jahren erst im zweiten Durchlauf aufgestellt und mit großer Mehrheit gewählt. Als Kandidat für einen zweiten Anlauf wird der 47-jährige, dynamische Ralf Meister gehandelt, der seit einem Jahr Generalsuperintendent in Berlin ist, sozusagen der hiesige Regionalbischof. Wenn der öffentlichkeitswirksame Bischof Huber abtritt, wird Meister sowieso eine zentrale Rolle zukommen, egal wie der neue Mann oder die neue Frau ganz oben heißen wird.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: