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Von Ralf Schönball: Razzia bei der Treberhilfe
Durchsuchungen in Berlin und Caputh: Verdacht auf Untreue – Steuerstraftat vermutet
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Berlin/Caputh - Staatsanwaltschaft und Finanzbehörden greifen beim skandalumwitterten Sozialverein Treberhilfe durch. Ein Dutzend Beamte sind am Donnerstag bei der Einrichtung eingerückt, um Unterlagen zu sichern. Die Ermittler prüfen den Vorwurf der Untreue gegen den früheren Geschäftsführer Harald Ehlert, der heute noch über einen Treuhänder Eigentümer von 50 Prozent der Anteile an der gemeinnützigen Gesellschaft ist. Auch der luxuriösen Villa am Wasser in Caputh (Potsdam-Mittelmark), in der Ehlert eine Wohnung günstig mietet, statteten die Beamten einen Besuch ab.
In der Kritik steht die Treberhilfe, seitdem der sportive Dienstwagen von Ehlert mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wurde und die Einrichtung Einspruch gegen das Führen eines Fahrtenbuchs einlegte. So nahm die „Maserati-Affäre“ Fahrt auf, und es wurden immer mehr Details über die sehr hohen Bezüge des „Sozialunternehmers“ Ehlert bekannt. Zurzeit prüft das Finanzamt für Körperschaften, ob deshalb die Gemeinnützigkeit aberkannt wird. Und die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue. Ein Dachverband hat die Treberhilfe ausgeschlossen ein zweiter will es auf einer außerordentlichen Versammlung im Juni tun. Die Treberhilfe wehrt sich mit rechtlichen Mitteln gegen die Rauswürfe.
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin, Martin Steltner, bestätigte die „Durchsuchungsmaßnahmen in Berlin und Caputh“. Ein Staatsanwalt und Beamte der Steuerfahndung hätten bei der Treberhilfe Unterlagen gesichert. „Der Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist der Vorwurf einer Steuerstraftat“, so Steltner. Wegen des Steuergeheimnisses könne er aber nicht mehr dazu sagen.
Detailliert werden die Vorwürfe in einem Schreiben der Diakonie Berlin-Brandenburg festgehalten, das dieser Zeitung vorliegt. Der Dachverband, in dem die Treberhilfe noch Mitglied ist, hat eine außerordentliche Mitgliederversammlung für den 17. Juni einberufen. Dann soll der von der Diakonie-Geschäftsführung empfohlene Ausschluss der Treberhilfe beschlossen werden. Begründung: Ehlert habe „unverhältnismäßige Gesamtbezüge von über 200 000 Euro“ bezogen. Bei der Treberhilfe seien „Rechnungen für privaten Konsum aus Mitteln der gemeinnützigen Organisation“ bezahlt worden. Die Treberhilfe habe nicht nachgewiesen, dass Ehlert seinen Maserati „ausschließlich für dienstliche Zwecke genutzt“ habe. Und schließlich soll Ehlert Gebühren für Bürgschaften erhalten haben „ohne erkennbare Gegenleistung“.
Die Diakonie wirft der Treberhilfe auch vor, die Bildung einer Mitarbeitervertretung zu verhindern. Einzelpersonen, die sich für den Aufbau eines personalratähnlichen Gremiums einsetzten, würden sogar unter Druck gesetzt. Dies verstoße gegen die in der Satzung der Diakonie festgehaltenen Pflichten der Mitglieder, Mitarbeitervertretungen zuzulassen. „Abschließend bleibt festzustellen, dass das Verhalten der Gesellschafter der Treberhilfe Berlin der gesamten Diakonie in Deutschland einen schweren Vermögensschaden und nachhaltigen Vertrauensschaden zugefügt hat“, so die Bilanz des drei Seiten langen Schreibens an die Treberhilfe.
Nach den Durchsuchungen zeigte sich Berlins Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) „erleichtert darüber, dass es nun erkennbar vorangeht“. Bluhm hatte eine der beiden Strafanzeigen gegen Ehlert gestellt. In einen Brief ihren Senatskollegen, Finanzsenator Ulrich Nußbaum, fragt Bluhm aber auch, warum Steuerbehörden und Finanzverwaltung so lange die „Selbstbedienung des Geschäftsführers“ geduldet hätten. „Das hohe Gehalt, der Maserati, die Villa am See – all das hätte ohne die Gemeinnützigkeit nicht finanziert werden können.“ Denn dann hätte die Treberhilfe Steuern zahlen müssen und solche Überschüsse nicht erzielen können. „Die in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe stellen m. E. eine relevante Zweckentfremdung von Erträgen der Treberhilfe dar“, so Bluhm in ihrem Schreiben an Nussbaum. „Das kann nicht mehr durch Steuervorschriften zur Gemeinnützigkeit gedeckt sein“. In Bluhms Brief an Nussbaum heißt es weiter die Finanzbehörden hätten eine „besondere Prüfverantwortung“. Und auf Nachfrage sagte die Sozialsenatorin: „Ich möchte gerne wissen, wie Senator Nussbaum dieser Verantwortung nachgekommen ist.“
Der Aufsichtsratschef der Treberhilfe Carsten Krueger sprach von einer „presseöffentlichen Skandalkampagne um Herrn Ehlert“. Die Gemeinnützigkeit der Treberhilfe sei nicht bedroht. Die Einrichtung habe den Ermittlern dazu ein Gutachten vorgelegt, wonach die hohen Bezüge von Ehlert nicht gegen die in der Satzung der Treberhilfe festgehaltene „Selbstlosigkeit“ verstoßen. Zu Spekulationen über Finanzprobleme der Treberhilfe sagte Krueger: „Die Zahlung der Gehälter von Mitarbeitern wurde vorfristig angewiesen.“ Aufsichtsratsmitglied Frank Biskup sagte, dass zur Not „Immobilien verkauft werden könnten“. Zurzeit bestünden aber keine entsprechenden Pläne .
Die Treberhilfe-Aufsichtsräte übten auch scharfe Kritik an Äußerungen von Sozialstaatssekretär Rainer-Maria Fritsch und des sozialpolitischen Sprechers der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus Gregor Hoffmann: „Sollte die Arbeit der Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaft ähnlich entlastende Ergebnisse (wie das von der Treberhilfe eingeholte Gutachten; Anm. d. Red.) hervorbringen, müsste überprüft werden, ob die bisher gemachten Unterstellungen selbst Straftaten sein könnten“. Ehlerts Gehalt sei „immer wieder geprüft und nicht beanstandet“ worden. Bisher habe man zwar „auf Strafanzeigen verzichtet“, so die Aufsichtsräte weiter. Ausschließen wollten sie diese in Zukunft aber nicht – allein schon wegen der nicht unerheblichen Schäden durch „unwahre Tatsachenbehauptung“.
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