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Trennungsgeld-Affäre: Regierung muss Akteneinsicht gewähren

Das Verfassungsgericht hat erneut die Kontrollrechte des Parlaments gegenüber der Regierung gestärkt. In der so genannten Trennungsgeld-Affäre muss Einsicht in die Personalakten von Spitzenbeamten gewährt werden.

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Potsdam - Die beiden Abgeordneten der Linksfraktion, der Parlamentarische Geschäftsführer Heinz Vietze und der rechtspolitische Sprecher Stefan Sarrach, begrüßten das Urteil. Sie hatten das Organstreitverfahren angestrengt. Jetzt wollen sie die Akten von rund 40 hohen Beamten wie Staatssekretären, leitenden Staatsanwälten und Gerichtspräsidenten zügig einsehen. Aus Sicht der Landesregierung schafft das Urteil Klarheit für das weitere Verfahren.

Den Spitzenbeamten wird wie Hunderten anderer Landesbediensteten vorgeworfen, zu Unrecht Trennungsgeld bezogen zu haben. Trennungsgeld erhalten Beamte, die nach einer Versetzung vorübergehend zwei Haushalte führen. Die Affäre um unrechtmäßige Zahlungen schwelt seit 2003. Damals war bekannt geworden, dass der frühere Justizstaatssekretär Gustav-Adolf Stange rund 28.000 Euro zu viel Trennungsgeld erhalten hatte. Danach waren bei Prüfungen Hunderte weiterer Fälle beanstandet worden.

Die Linkspartei hatte deshalb Einsicht in Personalakten verlangt. Die Landesregierung hatte das zunächst auch zugelassen. Doch wehrten sich Stange und ein Staatsanwalt dagegen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg gewährte beiden einstweiligen Rechtsschutz und stellte dabei den Schutz der Privatsphäre über das Akteneinsichtsrecht. Das Land hielt daraufhin auch die Akten in allen anderen Fällen verschlossen.

Keine pauschaler Schutz der Privatsphäre

Diese pauschale Übernahme des OVG-Urteils war nach der Entscheidung der Verfassungsrichter jedoch unzulässig. Die Landesregierung hätte in jedem Einzelfall abwägen müssen, ob datenschutzrechtliche Belange gegen eine Akteneinsicht sprächen, sagte Gerichtspräsidentin Monika Weisberg-Schwarz.

Die Verfassungsrichter kritisierten zugleich das Urteil des OVG. Die Begründung zur Ablehnung der Akteneinsicht lasse sich verfassungsrechtlich nicht halten, betonte Weisberg-Schwarz. Da der Beschluss des OVG jedoch unanfechtbar sei, gelte der einstweilige Rechtsschutz für die betreffenden Personen fort. Weisberg-Schwarz fügte hinzu: "Künftig sind die Verwaltungsgerichte bei allen Verfahren in Zusammenhang mit Trennungsgeld-Fällen an die Entscheidung des Verfassungsgerichts gebunden."

Berechtigtes öffentliches Interesse

Das Parlament habe umfassende Kontrollrechte, unterstrich die Verfassungsrichterin. Damit sei auch das Recht auf Akteneinsicht verbunden. Beim Thema Trennungsgeld bestehe ein berechtigtes öffentliches Interesse. Details in den Personalakten, die die Privatsphäre betreffen würden, könnten geschwärzt werden. Dem stünden keine datenschutzrechtlichen Belange entgegen.

Der Rechtsvertreter des Landes, Georg Kirschniok, hatte nach eigenen Angaben mit einer solchen Bewertung der Verfassungsrichter gerechnet. Das Land sei jedoch aus Gründen der Gleichbehandlung gezwungen gewesen, dass OVG-Urteil auf alle Vorgänge anzuwenden. Das OVG könnte nun nach Einschätzung von Kirschniok sein Urteil zurücknehmen und ändern.

Vietze und Sarrach sagten, es gebe für die Betroffenen nun keine Hintertür mehr. Stange und der Staatsanwalt seien nur noch bis zur nächsten Entscheidung des OVG geschützt. Alle anderen Akten sollten in den kommenden Wochen gesichtet, denn im April solle der Abschlussbericht der Landesregierung zur Affäre im Landtag diskutiert werden. Vietze fügte hinzu, wie in der Trennungsgeld-Affäre könnten künftig auch in anderen Fällen Untersuchungsausschüsse vermieden werden. Denn die Verfassungsrichter hätten grundsätzlich das Recht auf Akteneinsicht der Abgeordneten gestärkt. (Von Susann Fischer, ddp)

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