zum Hauptinhalt
Die Politologin Ariane Mohl verfasste das Gutachten über die Medien.

© dpa

Brandenburg-Berlin: Rot-Rot schießt weiter auf Enquete-Gutachten

Autorin Mohl wies die Vorwürfe zurück, räumt aber wegen begrenzter Zuarbeit der Verlage Lücken ein

Stand:

Potsdam - Moderat im Ton, unerbittlich in der Sache kritisieren sowohl SPD wie auch Linkspartei ein Gutachten für die Enquetekommission, das die Entwicklung der Medienlandschaft des Landes beschreibt und nicht ihren Erwartungen entspricht. Auf der Sitzung der Kommission am Freitag wurden von den Vertretern der Kommission, die durch die Potsdamer Koalitionsfraktionen benannt wurden, die grundsätzlichen Einwände vorgetragen. Diese Kritik folgt im wesentlichen den Argumenten, die sich auch in einigen der in dem Werk erwähnten Zeitungen wiederfinden. Die Gutachterin habe demnach zu wenig den Wandel berücksichtigt, der sich in den einst von der SED herausgegebenen Zeitungen vollzogen hatte. Diese, insbesondere die in Potsdam erscheinende Märkische Allgemeine Zeitung müssten, so die Koalitionsvertreter, vor den in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zur Frage der Stasi-Überprüfung wie auch zur personellen Kontinuität geschützt werden.

Zu der Sitzung war ausnahmsweise der Generalsekretär des Landesverbandes der SPD, Klaus Ness, erschienen, der auch stellvertretendes Kommissionsmitglied ist. Ness erklärte, das Gutachten habe „nur Schaden ausgelöst, Blockaden aufgebaut“ und sei „ein Pauschalangriff auf eine bestimmte Berufsgruppe“, betonte aber gleichzeitig, dass die Politik sich in Medienfragen zurückhalten sollte. Ähnlich argumentierte auch die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Kerstin Kaiser.

Die von den Oppositionsparteien benannten Vertreter wie auch die Gutachterin Ariane Mohl selbst wiesen die Vorwürfe zurück. Mohl sagte, ihr Gutachten weise insbesondere wegen der nur sehr begrenzten Kooperationsbereitschaft der Verlage – unter ihnen auch die PNN – einige Lücken auf und zeigte Verständnis für die Kritik an einigen Formulierungen, die sie selbst als „zugespitzt“ bezeichnete, verteidigte aber die wesentlichen Aussagen ihres Gutachtens. Sie verwies darauf, dass ihre Schlussfolgerungen sich auch in einigen anderen wissenschaftlichen Arbeiten wiederfinde, die sich kritisch mit der Personalpolitik in den einst der SED eigenen, dann privatisierten Tageszeitungen beschäftigen.

Die breite öffentliche Debatte, die jetzt in den Zeitungen des Landes (die PNN hatten dem Gutachten in dieser Woche eine ganze Seite gewidmet), aber auch in überregionalen Medien stattfinde, sei ein Beweis dafür, dass das Gutachten seinen Zweck erfülle, sagte der Grüne-Fraktionschef Axel Vogel. Der von den Grünen benannte Wissenschaftler Helmut Müller-Enbergs sprach von einem willkommenen „Dammbruch“, den das Gutachten ausgelöst habe. Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg verwies darauf, dass SPD-Vertreter sich an Feststellungen zum einstigen DDR-Journalismus reiben, die seit langem Grundlage der politischen Bildung seien und außerhalb Brandenburgs auch von Sozialdemokraten vertreten würden.

Nicht nur im Bezug auf die Diskussion um die Veränderungen in der Medienlandschaft spitzte sich die Konfrontation zwischen der Opposition und den die Landesregierung tragenden Parteien am Freitag weiter zu. Zuvor war es bereits zu einer scharfen Auseinandersetzung im Bezug auf eine Erklärung des SPD-Generalssekretärs Ness gekommen, der weitere Überprüfungen auf frühere Stasi-Mitarbeit bei Kommunalvertretern in Frage stellte. Ness sagte, es müsse mehr auf die Stimmung in der Bevölkerung eingegangen werden, „die jetzt genug hat“. Er höre immer wieder Stimmen, die solche Überprüfungen ablehnten und manche Kommunalvertreter seien inzwischen „bis zu fünfzehn Mal überprüft worden“. Ness stieß damit auf Widerspruch bei der CDU, deren Vertreter Dieter Dombrowski sich insbesondere daran störte, dass Ness erklärte, man kenne sich in den Gemeinden des Landes sowieso und wisse alles voneinander. Widerspruch gab es auch von Seiten der Beauftragten des Landes zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Ulrike Poppe. Sie sagte, Überprüfungen seien nicht ein Ausdruck von Misstrauen, sondern stärkten das Vertrauen in die demokratischen Gremien. Wer sich solchen Überprüfungen nicht unterziehen wolle, solle überlegen, ob er für Gremien geeignet sei, die auf solch einen Vertrauensbeweis angewiesen seien.

Die Kontroverse war während der Diskussion um das von Manfred Kruczek vorgelegte Gutachten zur Personalpolitik der Stadt Potsdam in den Jahren nach 1990 entstanden. Dieses Gutachten, über das die PNN bereits berichteten, beurteilte die fortlaufende Überprüfung sowohl in der Verwaltung als auch bei den Stadtverordneten positiv und sprach ihnen auch eine präventive Wirkung zu.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })