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Bald mit 80 Sachen unterwegs. Die Berliner S-Bahn fährt ab dem 28. Februar wieder schneller.

© Thilo Rückeis

Von Klaus Kurpjuweit: S-Bahn darf wieder Tempo machen

„Winterfahrplan“ mit Einschränkungen wird ab 28. Februar aufgegeben / Kritik an Streikankündigung

Stand:

Berlin/Potsdam - Die Berliner S-Bahn gibt ihren „Winterfahrplan“ auf Druck der Politik auf und lässt ihre Züge vom 1. März an wieder schneller fahren. Dies teilten Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und ihr Brandenburger Kollege Jörg Vogelsänger (SPD) am Freitag nach einem Gespräch mit S-Bahnchef Peter Buchner mit. Die S-Bahn hatte dagegen vor, den „Winterfahrplan“ bis Mitte März zu verlängern. Mit der Rückkehr zum alten Fahrplan verbessern sich beim Umsteigen auch die Anschlüsse. Bisher hatte es hier, vor allem auf Außenstrecken, zum Teil lange Wartezeiten im Nacht- und Frühverkehr am Wochenende gegeben.

Der „Winterfahrplan“, der seit 24. Januar gilt, ist für eine Geschwindigkeit der Züge von maximal 60 km/h ausgelegt. Vorher waren 80 km/h zugelassen und bis zu einem Unfall im Jahr 2006 war sogar Tempo 100 möglich. Die S-Bahn hatte mit ihrem „Winterfahrplan“ auf die Zugausfälle und die erheblichen Verspätungen in der vergangenen Frostperiode reagiert. Weil die Rohre für das Streuen des Bremssandes bei den meisten Zügen eingefroren waren, durften diese Bahnen nur noch 60 km/h fahren, um sicher bremsen zu können. Züge, bei denen die Anlage funktionierte, waren jedoch weiter mit Tempo 80 unterwegs, so dass es im Betrieb völlig durcheinander ging.

Buchner konnte auch jetzt nicht zusichern, dass die S-Bahn den Verkehr mit 80 km/h bei einem erneuten Wintereinbruch sicherstellen kann. Da nach der langfristigen Wetterprognose kein erneuter Wintereinbruch zu erwarten sei, haben Junge-Reyer und Vogelsänger nach eigenen Angaben das „Restrisiko“ aber akzeptiert und die Aufgabe des „Winterfahrplans“ durchgesetzt. Damit können vom 28. Februar an die Züge wieder alle zehn Minuten nach Potsdam, Spandau und Wartenberg fahren. Nach Hennigsdorf geht’s dann alle 20 statt alle 30 Minuten. Zudem verkürzen sich meist die Fahrzeiten.

Nach der Einführung des „Winterfahrplans“ hatten die Länder der S-Bahn vorgeworfen, sie habe vorher nicht ausreichend auf die Konsequenzen hingewiesen. Erst nachdem die Länder dem neuen Fahrplan zugestimmt hatten, wurde bekannt, dass die Züge im Nachtverkehr an den Wochenenden meist nur noch alle 40 statt alle 30 Minuten fuhren. Zudem setzte am Sonnabend und Sonntag der Tagesverkehr später ein als vorher. Aber auch mit Tempo 80 ist die S-Bahn weiter weit weg von einem Normalbetrieb. Auch am Freitag konnte sie nur 416 Doppelwagen einsetzen; vertraglich vorgesehen sind 562. Mit Einschränkungen im Betrieb ist mindestens bis zum Jahresende zu rechnen.

Im aktuellen „Winterfahrplan“ bessert die S-Bahn noch etwas nach. Ab 25. Februar fahren die Züge im Nachtverkehr alle 20 Minuten nach Potsdam und Spandau sowie zwischen Blankenfelde und Bernau. Ab. Februar verkürzen sich in Strausberg die Wartezeiten beim Umsteigen von und nach Strausberg Nord.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat unterdessen an Bahnunternehmen und Gewerkschaften appelliert, ihren Tarifkonflikt am Verhandlungstisch zu lösen und es nicht auf einen Arbeitskampf ankommen zu lassen. Hintergrund sind Streikankündigungen der Lokführergewerkschaft GDL , die auch für die krisengeplagte Berliner S-Bahn gelten.

„Gewerkschaften haben natürlich das Recht, Forderungen mit Streiks durchzusetzen“, sagte der stellvertretende IGEB-Vorsitzende Jens Wieseke am Freitag. „Aber gerade jetzt würde ein Streik die S-Bahn und ihre leidgeprüften Fahrgäste in einer besonders schwierigen Situation treffen.“    Die S-Bahn kann schon seit mehr als eineinhalb Jahren das mit den Ländern vereinbarte Verkehrsangebot nicht mehr fahren. Probleme mit Rädern, Achsen und Bremsanlagen, versäumte Wartungen und Missmanagement haben die Tochter der Deutschen Bahn in eine tiefe Krise gestürzt, aus der sie in diesem Jahr mit erheblichen Investitionen wieder herausfinden will.

In der aktuellen Tarifrunde will die GDL für die 26 000 Lokführer in Deutschland einen Branchentarifvertrag herausholen, der über dem Niveau des Tarifwerks der Konkurrenzgewerkschaft EVG liegt. Für den 16. Februar plant die GDL einen Protesttag in Berlin. Anschließend soll es Warnstreiks geben. Genaue Termine wurden noch nicht genannt. Schon 2007 hatte die GDL mehrfach die Berliner S-Bahn bestreikt.    Der FDP-Fraktions- und Landesvorsitzende Christoph Meyer hielt der Lokführergewerkschaft vor, mit dem Feuer zu spielen. Die Berliner S-Bahn-Fahrgäste hätten bereits genug erduldet, sagte Meyer. (mit dpa)

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