Von Klaus Kurpjuweit: S-Bahn fährt weiter auf Sparkurs Senat kürzte Zuschuss um 37 Millionen Euro
Brandenburgische SPD-Fraktion will Entschädigung
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Berlin/Potsdam - Die S-Bahn fährt weiter nach einem Not-Notfahrplan; Züge fallen aus oder verspäten sich, und die wenigen eingesetzten Wagen sind häufig überfüllt. Ob Fahrgäste, die dies bereits seit Monaten und auch in Zukunft ertragen müssen, nochmals entschädigt werden, will die Bahn derzeit nicht sagen. Der Senat wird ihr den vereinbarten Zuschuss in Höhe von 232 Millionen Euro für das vergangene Jahr wahrscheinlich um rund 50 Millionen Euro kürzen. 37 Millionen Euro davon hat das Land bereits einbehalten.
Im Dezember hat die S-Bahn Freifahrten und Ermäßigungen spendiert – im Juli als Ausgleich für die Einschränkungen im Sommer nach dem Bruch eines Rades verkündet. Doch statt das Angebot danach wieder zu verbessern, musste es seit September erneut drastisch reduziert werden, weil Fahrzeuge, deren Bremsanlagen nicht vorschriftsmäßig gewartet worden waren, nicht weiterfahren durften. Von 662 Zwei-Wagen-Einheiten konnte die S-Bahn am Dienstag nach Angaben eines Sprechers lediglich 286 einsetzen. Für den Notverkehr, wie er in dieser Woche vorgesehen war, sind 310 Wageneinheiten erforderlich. So aber kann jetzt nicht einmal der Notverkehr eingehalten werden. Gestern Mittag fuhren zudem fast eine Stunde keine Züge zwischen Springpfuhl und Wartenberg, weil eine Weiche defekt war.
Ausfälle gebe es nicht nur wegen der verschärften Sicherheitsauflagen, sondern auch wegen des Winters, sagte der Bahnsprecher. „Konstruktionsbedingt“ gebe es Ausfälle bei den Motoren, und um per Ultraschall die Achsen prüfen zu können, müssten diese vorher enteist und aufgetaut werden, was zusätzliche Zeit erfordere. Deshalb werde nicht nur die Werkstatt in Friedrichsfelde, sondern auch diejenige in Erkner wieder geöffnet. Beide waren geschlossen worden, um Kosten zu sparen und Gewinne an den Konzern weiterleiten zu können.
Als Entschädigung für die langen Wartezeiten auf den Bahnhöfen und die vollen Züge möchte Claudia Hämmerling von den Grünen, dass die Fahrpreise generell gesenkt werden. Zwei Monate freie Fahrt für alle Nutzer des Nahverkehrs fordert Andreas Köhler (SPD), der außerdem Bahnchef Rüdiger Grube zum Eingreifen bei seinem Tochterunternehmen aufruft. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Oliver Friederici, schlägt vor, dass der Senat Geld aus den einbehaltenen Zuschüssen für die S-Bahn zur Entschädigung der Fahrgäste bereitstellt.
Auch die SPD-Fraktion im brandenburgischen Landtag hat angesichts der anhaltenden massiven Probleme im Berliner S-Bahnverkehr Entschädigungen für Fahrgäste gefordert. So könnten die Preise für Fahrscheine reduziert oder die Besitzer von Monats- und Jahreskarten Freimonate gewährt bekommen, sagte Fraktionschef Dietmar Woidke am Dienstag in Potsdam. Zuvor hatten sich die Abgeordneten in ihrer wöchentlichen Sitzung mit dem Thema befasst. Woidke sprach von einem „unhaltbaren Zustand“ und kündigte an, dass das Land Brandenburg nicht für fehlende Leistungen der S-Bahn bezahlen werde. Viele Linien reichen von der Bundeshauptstadt ins Umland. Für die Entschädigungsrunde im Dezember hat die Bahn nach ihren Angaben insgesamt rund 55 Millionen Euro aufgebracht. (mit dpa)
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