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Lutz Boede.

© Garzke

ORTSTERMIN am Landtag in Potsdam: Schabernack treiben

Es war eine bizarre Kundgebung: Die AfD startete vor dem Landtag in Potsdam ihre Herbstoffensive zur Asylpolitik. Es gab subversiven Protest eines prominenten Stadtpolitikers und braune Rechtsaußen-Anhänger - ein Ortstermin unseres Autors René Garzke.

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Ihre besten Zeiten hat sie wohl hinter sich: Die brandenburgische AfD verliert immer mehr Zustimmung unter den Wählern und ist im Landtag völlig isoliert. Um wenigstens etwas Aufmerksamkeit zu bekommen, hat die Fraktion der Rechtspopulisten zu einer Demonstration vor ihrer eigenen Arbeitsstätte, dem Landtag, aufgerufen – und zwar ganz früh, um 8 Uhr morgens. Die Aktion ist Teil der von der AfD ausgerufenen „Herbstoffensive“ und soll sich gegen eine „verfehlte Asylpolitik“ richten.

Doch diese Kundgebung wirkt bizarr: Aus dem AfD-Tross, etwa 80 Teilnehmer sind es, wird gerufen: „Offene Grenzen, offene Grenzen!“ Passt irgendwie nicht zur AfD, die sonst alle Nase lang den Stopp der „unkontrollierten Massenzuwanderung“ fordert.

Lutz Boede verwirrt mit "Art. 16 a GG 2. Abs. streichen"

Auch ein anderer Teilnehmer der AfD-Demonstration passt nicht ins Bild. Er trägt ein Schild vor sich, auf dem er die Aussetzung des Dublin-Verfahrens fordert, also dass Flüchtlinge in dem Land registriert werden, in welchem sie erstmals die EU betreten. Nur hat der Mann seine Forderung etwas kryptisch formuliert, nämlich: „Art. 16 a GG 2. Abs. streichen“. Er wird zunächst auf der Kundgebung willkommen geheißen, die Demonstranten scheinen die Forderung nicht entschlüsseln zu können. Vielleicht ein Reichsbürger? Wie auch immer. Mehrere Teilnehmer lassen sich gut gelaunt mit ihm fotografieren.

Dann aber wird er von mehreren AfD-Sympathisanten umringt, sie wollen ihn von ihrer Veranstaltung ausschließen. „Ich glaube, ich wurde erkannt“, sagt der Mann mit dem Schild. Er ist sichtlich erheitert. In Potsdam ist er als Kopf der linksalternativen Wählergruppe Die Andere bekannt. „Ich wollte ein bisschen Schabernack treiben und glaube, dass man sie so besser vorführen kann“, sagt Lutz Boede.

Der AfD-Abgeordnete Kalbitz ruft „linksfaschistische Schlägergarden"

Die 80 AfD-Leute sind merklich frustriert, wegen der beiden Störer und wegen der lautstarken Gegendemonstranten, darunter Abgeordnete und Landespolitiker von Linken und Grünen. Zu Beginn der Kundgebung sagte der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz noch, dass man sich mit Argumenten gegen die Proteste durchsetzen wolle. Nun aber ruft Kalbitz genervt „linksfaschistische Schlägergarden“ ins Mikrofon.

Und die Rechtspopulisten kämpfen auch um die Hoheit auf ihrer eigenen Versammlung. Denn zwei Männer entrollen ein Transparent des brandenburgischen Pegida-Ablegers „Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“ (BraMM). Der herbeigeeilte AfD-Abgeordnete Steffen Königer fordert die Männer auf, das Plakat wegzupacken. „Weil dahinter ja die Republikaner stecken, mit denen haben wir nichts gemein“, erklärt Königer später. In der Tat war Heiko Müller Drahtzieher der kläglichen Bramm-Demos, bei denen Teilnehmer „Ausländer raus“ riefen. Müller, der Pegida nach Brandenburg importieren wollte und kläglich scheiterte, gab den Landesvorsitz der rechtsradikalen Republikaner ab und verließ die Partei. Fremd dürfte sie einigen AfD-Größen in Brandenburg jedenfalls nicht sein, sie ist Teil ihrer eigenen Rechtsaußen-Biografie. Geschenkt.

Mit der rechtsextremen German Defence League hat die AfD kein Problem

Mit einem anderen Mann hat die AfD vor dem Landtag aber kein Problem. Er trägt offen Kleidung mit dem Logo der rechtsextremen German Defence League. Er bleibt unbehelligt.

Aus dem Lautsprecherwagen der Gegendemonstranten schallt es, dass die Hetze der AfD zu den vermehrten Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte beitrage. Der AfD-Tross ruft zurück: „Blödsinn, Blödsinn, Blödsinn!“. Nach etwa 45 Minuten ist die Kundgebung vorbei, ein Redner spricht von einem Erfolg. Dabei wollten sie doch drei Stunden hier protestieren.

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