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Brandenburg: Schwierige Erneuerung

Michael Mara

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Michael Mara Wie ist der Zustand der beiden Regierungsparteien CDU und SPD ein drei Viertel Jahr nach der Landtagswahl? Die Parteitage am Wochenende gaben interessante Aufschlüsse. Für Unionschef Jörg Schönbohm hat die Götterdämmerung begonnen. Zwar wurde der 67-Jährige in Schwedt zum vierten Mal gewählt – doch mit seinem bisher schlechtesten Ergebnis: Jeder vierte Delegierte stimmte gegen ihn. Das muss den Patriarchen nachdenklich stimmen, der die märkische Union 1999 aus der Bedeutungslosigkeit holte und die SPD-Alleinherrschaft beendete. Bemerkenswert ist es auch deshalb, weil Schönbohm nach seiner persönlichen Wahlniederlage im letzten Herbst, wo die CDU nur dritte Kraft hinter SPD und PDS wurde, einen Wandel durchgemacht hat. Der Polarisierer hat sich zurückgenommen, er macht Platzeck die Führungsrolle nicht mehr streitig, zählt zu den Stabilisierern und Modernisierern der Regierungskoalition. Obendrein ist er eine wichtige Stimme des Ostens in der Bundes-CDU und wird als einer von ganz wenigen Unionspolitikern aus dem Osten auch im Westen gehört. Warum er trotzdem einen Dämpfer erhielt? Der Parteichef ist in der märkischen Union nicht mehr unumstritten, man stellt sich auf die Zeit nach ihm ein. Manche sehen ihm nicht mehr nach, dass er Fehler nur schwer eingesteht, die Wahlniederlage nicht aufgearbeitet hat, sein Führungsstil absolutistische Züge hat. Gleichwohl: Es gibt immer noch keine personelle Alternative „zum Alten“. Niemand ragt heraus, niemand hat sein Format, niemand tritt aus seinem Schatten. Trotzdem dürfte es jetzt unwahrscheinlicher sein, dass Schönbohm die Union tatsächlich noch bis 2009, dem Jahr der nächsten Landtagswahl, führen wird. 2007 dürfte die Stimmung für den Wechsel reif sein. Und die SPD? Parteichef Matthias Platzeck muss sich um seine Stellung in der Partei keine Sorgen machen. Vor der Landtagswahl im letzten Jahr wurde er mit 95 Prozent der Stimmen bis 2006 zum Parteichef gewählt. Seit seinem Wahlsieg ist er unangefochtener denn je. Der Parteitag jedenfalls stellte ihm sogar einen Blankoscheck für die schwierigen Reformen in der Förderpolitik aus, obwohl seine Regierung die dafür nötigen fundierten Konzepte bislang noch gar nicht vorlegen kann. Zwar will Platzeck offensichtlich Kurs halten, die geringer werdenden Fördermittel tatsächlich auf das Berliner Umland und Erfolg versprechende Wachstumskerne im Land konzentrieren, obwohl das in den Randregionen Frust auslöst. Doch wird eine Diskrepanz deutlich: Platzeck führt mit Vehemenz und Engagement eine „große Zukunftsdebatte“. Doch seine Basis steuerte dazu auf dem Parteitag nur Oberflächliches bei. Es scheint, dass große Teile der SPD den Ernst der Lage noch gar nicht begriffen haben. Insofern liegen all jene völlig falsch, die jetzt erneut orakeln werden, dass Platzeck nach Berlin wechseln könnte, falls es im Herbst zu vorgezogenen Bundestagswahlen kommen und Kanzler Schröder wider Erwarten doch gewinnen sollte. Platzeck wird in Potsdam bleiben: Erstens weil die Modernisierung des Landes gerade erst begonnen hat. Zweitens, weil er lieber eine Nummer eins ist, als ein Minister im Schatten Schröders zu sein. Gelingt es ihm, Brandenburg zu modernisieren, könnte ihm bald mehr als nur die Tür eines Ministerbüros in Berlin offen stehen.

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