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Sicherheit: Sicher ohne Kameras

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hat sich gegen eine großflächige Videoüberwachung ausgesprochen. Er wolle lieber mehr Wachpersonal in Verkehrsmitteln.

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Berlin - Berlins Innensenator Frank Henkel hat sich auf einer Tagesspiegel-Veranstaltung gegen eine großflächige Videoüberwachung ausgesprochen. Er habe nie dafür plädiert, es sei „eine Wahnvorstellung, die ganze Stadt mit Kameras zu überziehen“. Die Polizei müsse aber die Möglichkeit haben, dieses Instrument zu nutzen, wenn es etwa an einem Platz zu einer Häufung von Straftaten komme.

„Die beste Videokamera ersetzt nicht die Manpower, die dahinterstehen muss“, sagte Henkel und sprach sich für mehr Personal in den Verkehrsmitteln aus. Gemeinsam mit der Architektenkammer hatte der Tagesspiegel am Montagabend zu einer Diskussion über die Sicherheit auf Berlins Straßen und Plätzen in die Urania geladen.

Verwahrlosung ziehe oft Kriminalitätsentwicklung nach sich, sagte Henkel und sprach von der „Broken-Window- Theorie“: Ist erst einmal ein Fenster eines Hauses zerstört, werden bald die nächsten Scheiben eingeschlagen und es folgt die Tür. Ingrid Hermannsdörfer bestätigte das für den Bereich der Grünanlagen: Auf defekte Bänke und Lampen, Fast- Food-Müll und Sperrmüll-Ecken folgte häufig Kriminalität, sagte die Architektin, die beim Landeskriminalamt für städtebauliche Kriminalprävention zuständig ist. Bei der Berliner Polizei habe man erkannt, dass Kriminalitätsentwicklung häufig auch eine Folge der Gestaltung und Nutzung von Plätzen und Anlagen ist. „Die Menschen haben mit Recht den Anspruch, sich in ihrer Stadt wohlzufühlen" betonte Frank Henkel.

Henkel gab den Bezirken eine Mitschuld an der Verwahrlosung von Plätzen und Parks: „Die Bezirke bekommen Geld und haben es in der Hand, wie sie es ausgeben“, sagte der Innensenator. „Da gibt es große Unterschiede.“ So sähen die Straßen und Plätze in Reinickendorf, wo man selbst auf den Mittelstreifen den Rasen mähe, ganz anders aus als in Kreuzberg oder Neukölln. Für Henkel ist das eine Frage der Mittelverteilung und der politischen Schwerpunktsetzung, beispielsweise bei der Frage, wie man mit wildem Plakatieren umgehe.

Am Beispiel des Neuköllner Hermannplatzes erläuterte Ingrid Hermannsdörfer, wie man durch städtebauliche Kriminalprävention etwas verändern könne. Früher hatte der Platz eine reine Durchgangsfunktion, der Bereich vor dem U-Bahnausgang war der Platz ein Treffpunkt von Trinkern, häufig kam es zu Pöbeleien. Jetzt gibt es Marktstände und einen großen Freiraum, die Bevölkerung werde wieder auf den Platz gezogen. „Jetzt bewegt man sich anders auf dem Platz, sagte die Expertin. man sichtbar und bewegt sich anders“, so die Expertin. „Die Trinkerzene von einem Ort zum anderen zu verdrängen bringt nichts, unser Ansatz ist es, eine Nutzungsvielfalt herzustellen, bei der keine Gruppe Dominanz bekommt.

Landschaftsarchitekt Till Rehwaldt forderte vehement die Rückkehr zu einem größeren Engagement der Bezirke. Das Outsourcing von immer mehr Aufgaben führe dazu, dass die eingesetzten Kräfte immer weniger über kommunales Detailwissen verfügten. Gleichzeitig forderte Rehwaldt forderte mehr Flexibilität, der Verwaltung zum Beispiel beim grundsätzlichen Verbot der nächtlichen Beleuchtung aus Naturschutzgründen: Es müsse Einzelfallentscheidungen geben. „Was nützen uns die Käfer, wenn unsere Kinder dort nicht langlaufen können?“ Die Gestaltung der öffentlichen Räume sei auch ein Zeichen der Gesellschaft die sie anlege, so Rehwaldt. Sie habe sich in den vergangenen Jahren verändert. Habe man früher größeren Wert auf Nischen und Rückzugsräume gelegt, werden heute gerade Plätze in Brennpunktlagen robust, stabil und übersichtlich angelegt.

Doris Koch, Kulturwissenschaftlerin, ieht keine Notwendigkeit, verwahrloste Plätze generell umzugestalten. Sie empfahl eine situationsabhängige Vorgehensweise. Oft würden kleine Eingriffe ausreichen forderte, die Bürger einzubeziehen. Verwahrlosung bedeute auch, dass das Gefühl für das Gemeinwesen fehle.

So waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass das Bewusstsein dafür gefördert werden muss, dass der öffentliche Raum Allgemeingut ist, das alle Bürger angeht. Eine Besucherin jedoch beklagte, das Engagement werde dort, wo bürgerschaftliches Engagement vorhanden ist, oft abgewürgt. Bezirke hätten Initiativen, die Plätze oder Grünanlagen reinigen wollten, das Bereitstellen von Abfallcontainern mit Hinweis auf leere Kassen verwehrt.

Rainer W. During

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