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Wie im schlechten Western. Nach dem Schuss auf den Behördenmitarbeiter soll der Landwirt mit seiner Flinte schreiend auf der Dorfstraße von Klein Behnitz nach den Tierärztinnen gesucht haben.

© Nestor Bachmann/dpa

Von Nathalie Waehlisch: Sieben Jahre Haft für „kaltblütige Tat“

Aus nächster Nähe schießt ein Landwirt auf seinem Hof einem Mitarbeiter des Veterinäramtes in den Bauch. Und verfolgt dann zwei Tierärztinnen. Nun fiel das Urteil

Stand:

Potsdam - Es sei ein in jeder Hinsicht „zutiefst deprimierender“ Fall gewesen, sagt Richter Frank Tiemann. 72 Jahre alt ist der angeklagte Landwirt. Bei der Urteilsbegründung am Donnerstag starrt er meist auf den Tisch. Sieben Jahre Gefängnis wegen Totschlags und versuchten Totschlags lautet das Urteil des Potsdamer Landgerichts. Aus 20 bis 30 Zentimetern Entfernung schoss der Bauer mit einer Flinte auf einen Mitarbeiter des Veterinäramtes, weil er seine Tiere nicht hergeben wollte – das Opfer erlitt einen Bauchschuss und starb kurz darauf.

Der Landwirt habe sein Leben lang auf seinem Hof gelebt, sei krank, alt und verschroben, aber zuvor nicht negativ aufgefallen, sagt der Vorsitzende Richter. Könne man so jemanden für viele Jahre hinter Gitter bringen? Doch der Bauer habe auch „kaltblütig“ und „kaltherzig“ einen Menschen erschossen. Und er habe eine „kaum noch erträgliche Uneinsichtigkeit“ an den Tag gelegt, sagt Tiemann. Es sei keine ganz leichte Aufgabe gewesen. Auch eine Verurteilung wegen Mordes hat das Gericht geprüft.

An dem Unglückstag im Januar dieses Jahres kommen mehrere Mitarbeiter des Veterinäramtes auf den Hof in Klein Behnitz (Havelland). Chaotische Zustände monieren die Behörden, schon seit Jahren gibt es deswegen Kontrollen und Streit mit dem Mann, für den seine Tiere seine Familie sind. Nun sollen fast alle seine Rinder beschlagnahmt werden. Die Stimmung wird zunehmend angespannter. Plötzlich holt der Landwirt die Waffe aus der Waschküche und schießt aus nächster Nähe auf den Futtermittelkontrolleur. Der ehemalige Landwirt war eigentlich nur mitgekommen war, um beruhigend auf den Bauern einzuwirken.

Detailliert schildert Tiemann noch einmal die Tat – und benutzt dafür drastische Worte: Der Hofbesitzer habe „wie ein Killer agiert“, als er die Flinte geholt habe. Es habe ihn „total kalt gelassen“, dass der Mann „vor seinen Füßen krepiert“. Stattdessen verfolgte er zwei Amtstierärztinnen, auf eine von ihnen hatte er laut Gericht schon seit längerem einen regelrechten Hass entwickelt.

Todesangst hätten die flüchtenden Frauen gehabt, sagt Tiemann. Die Kammer ist überzeugt, dass der Mann einen zweiten Schuss abgab, der aber sein Ziel verfehlte. Dann sei er vor den Hof getreten und habe geschrien: „Wo sind die Weiber?“, schildert der Richter. „Das war ja wie im schlechten Western – er lief da auf der Dorfstraße mit einer Waffe rum.“ Das Gericht ist überzeugt, dass der 72-Jährige den Amtsmitarbeiter vorsätzlich getötet hat. Die Richter kamen auch zu dem Schluss, dass der gesundheitlich stark angeschlagene Mann erheblich vermindert schuldhaft gehandelt habe.

Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre Gefängnis gefordert. Sie verzichtet auf eine Revision, wie Staatsanwalt Peter Petersen im Anschluss sagte. Verteidiger Thomas Arndt hatte auf fünf Jahre plädiert. Er hatte wie berichtet das Gericht aufgefordert, die Schüsse auf die beiden Ärztinnen nicht als versuchten Totschlag zu bewerten. Es habe sich lediglich um einen Unfall gehandelt.

Arndt überlegt noch, ob er Rechtsmittel einlegt.

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