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Alles anders. Als Franco Stella vor einem Jahr die Baustelle am Schlossplatz besuchte, wurde er noch als verdienter Sieger des Architektur-Wettbewerbs gefeiert.

© dpa

Von R. Schönball und D. Boese: Stellas Helfer aus der Möbel-Werkstatt

Bruder des Architekten stellte Mitarbeiter frei für Schloss-Entwurf. Morgen verhandelt Düsseldorfer Gericht

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Berlin - Morgen verhandelt das Oberlandesgericht Düsseldorf die umstrittene Vergabe des Auftrags für den 550 Millionen Euro teuren Bau des Berliner Stadtschlosses an Franco Stella. Dazu hat der Architekt aus Vincenza ein Schreiben vom Präsidenten der Architektenkammer aus der italienischen Provinz vorgelegt. Dieser bescheinigt Stella, dass der Architekt die Bedingungen für eine Teilnahme an dem Wettbewerb um die Gestaltung des Schlosses erfüllt habe.

Nur Büros mit mindestens drei Mitarbeitern oder einem Umsatz von 100 00 Euro im Jahr waren berechtigt an dem Wettbewerb um die anspruchsvolle Aufgabe teilzunehmen. Der Kammerpräsident versichert in dem zweiseitigen Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, Stella habe drei Mitarbeiter gehabt. Diese seien als Angestellte der Firmen von Stellas Bruder Alberto geführt und Franco per Werkvertrag überlassen worden. Bruder Albertos Firma „Estel“ stellt Designer-Möbel her.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist die zweite Instanz, die über die Rechtmäßigkeit der Vergabe des lukrativen Auftrags vom Bund an Stella entscheidet. Zuvor hatte das Kartellamt den Vertrag zwischen Bauministerium und Stella wegen Verstößen gegen das Vergaberecht für „nichtig“ erklärt. Geklagt hatte der im Wettbewerb drittplatzierte, Hans Kollhoff, nachdem das Stadtmagazin Zitty veröffentlicht hatte, dass Stella möglicherweise nicht die Voraussetzungen für eine Wettbewerb-Teilnahme erfüllte. Darüber entscheidet das Oberlandesgericht.

In dem Schreiben des Kammerpräsidenten Giuseppe Pilla vom 14. September heißt es: „Ich kann bestätigen, dass die drei Architekten mit dem Büro des Architekten Franco Stella in einem Arbeitsverhältnis standen, das einem dauerhaften abhängigen Beschäftigungsverhältnis entspricht.“ Grundlage sei ein „Werkvertrag zur Erstellung eines geistigen Werkes“ gewesen, der zwischen Stella „und den Gesellschaften Estel Office/Estel S.p.a./Fascina Real Estate abgeschlossen wurde“.

„Estel“ ist der Name der Möbelfirma, die Francos Vater 1937 gründete, und die heute von Francos Bruder Alberto Stella geführt wird. Die Firma produziert italienische Designer-Möbel für elegante Büros und stilsichere Küchen. Als Käufer führt die Firma selbst Barack Obama an, Silvio Berlusconi und den Fiat-Erben John Elkann. Die beiden Staatschefs und der Industriellen-Spross sollen den Tisch „Doge“ erworben haben.

Unklar ist, ob die drei Estel-Mitarbeiter, die Franco Stella bei seinem Entwurf für das Berliner Stadtschloss zur Seite gestanden haben sollen, überhaupt Architekten sind. Auch dies zählte zu den Voraussetzungen für eine Teilnahme am Wettbewerb. Kammerpräsident Pilla zufolge soll Franco Stella ihm „certificato de laurea“ von den genannten Mitarbeitern vorgelegt haben.

Das ist allerdings ein Diplom, das nach italienischem Recht noch nicht zur Ausübung des Architekten-Berufs berechtigt. Erst ein zusätzliches staatliches Examen berechtigt zum Tragen des Titels eines „Dott. arch.“ und zur pflichtgemäßen Eintragung in das italienische Architektenverzeichnis. Darin sind die drei Architekten nicht verzeichnet, anders als Franco Stella selbst und ein von ihm ferner genannter Mitarbeiter Michelangelo Zucchini.

Stellas Bruder Alberto half seinem Bruder schon in der Vergangenheit aus, mit Aufträgen. Im Werkverzeichnis von Franco Stella wird die „Estel Villa“ in Thiene genannt. Dabei handelt es sich um Albertos Wohnhaus. Das soll angeblich im Jahr 1990 von Franco Stella erbaut worden sein.

Nachdem Franco Stella den Wettbewerb für das Berliner Stadtschloss gewonnen hatte, waren anderen Wettberwerbern bald Zweifel an dessen Berechtigung zur Teilnahme aufgekommen. Stellas Werkliste gibt das Projekt der Messe in Padua an, dass er gemeinsam mit dem deutschen Walter Noebel umsetzte, daneben aber nur wenige Bauten nach 1990 an: neben der Villa Estel ein Mehrfamilienhaus in Potsdam (1998).

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