Von Sabine Beikler und Rainer W. During: Streiks treffen jetzt auch die Wirtschaft Autohändler sehen Existenz bedroht
Berlin - Die Berliner müssen sich auch weiterhin auf lange Wartezeiten in den Bürgerämtern und Kfz-Zulassungsstellen einstellen: Die Gewerkschaften werden die Streiks im öffentlichen Dienst fortsetzen und nach den Herbstferien wieder auf Kitas und Schulen ausweiten. „Der Senat lässt uns keine Alternative.
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Berlin - Die Berliner müssen sich auch weiterhin auf lange Wartezeiten in den Bürgerämtern und Kfz-Zulassungsstellen einstellen: Die Gewerkschaften werden die Streiks im öffentlichen Dienst fortsetzen und nach den Herbstferien wieder auf Kitas und Schulen ausweiten. „Der Senat lässt uns keine Alternative. Bei einem Angebot würden wir jederzeit wieder verhandeln“, sagte Astrid Westhoff, stellvertretende Verdi-Landeschefin, am Dienstag vor einem Treffen mit der Polizeigewerkschaft GdP und Bildungsgewerkschaft GEW.
Die Landesregierung aber bleibt bei ihrer Linie. „Die Argumente sind ausgetauscht. Es ist bedauerlich, dass die Gewerkschaften sich angesichts der jetzigen Finanzkrise nicht bewegen“, sagte Senatssprecher Richard Meng nach der gestrigen Senatssitzung.
In diesem Jahr werde es kein Verhandlungsangebot mehr geben, ließ auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) wissen. Nachdem die Gewerkschaften im Juli die Tarifverhandlungen für 50 000 Landesbedienstete für gescheitert erklärt hatten, beschloss der Senat zwei Einmalzahlungen in Höhe von je 300 Euro. Die Gewerkschaften fordern Einmalzahlungen von 900 Euro und eine Tarifsteigerung von 2,9 Prozent.
Stefan Liebich, Fraktionsvize der Linken, will bereits „zu Beginn 2009 über den Anschluss an den auslaufenden Tarifvertrag verhandeln“ – der Koalitionspartner SPD hält sich noch bedeckt. Im Gegensatz zu FDP und Grünen sieht die CDU den Senat in der Pflicht. „Er muss Gespräche anbieten, weil er die Lage eskalieren ließ“, sagte Fraktionschef Frank Henkel. All das gehe auf Kosten der Bürger. Aber auch immer mehr Unternehmen sehen die Folgen als existenzbedrohend (siehe Interview). Die Situation in den Kfz-Zulassungsstellen sei dramatisch.
Vor der Zulassungsstelle in der Jüterboger Straße in Kreuzberg warteten die ersten Kunden gestern ab fünf Uhr früh. Als die Behörde um 7.30 Uhr öffnete, hatte sich eine lange Schlange gebildet. Gegen zehn Uhr konnten keine Wartenummern mehr ausgeben werden, die durchschnittliche Wartezeit lag bei dreieinhalb Stunden. Nur 15 Mitarbeiter, überwiegend Beamte, waren laut Abteilungsleiter Christoph Krause im Einsatz. Sie können aber nur 600 Vorgänge am Tag bearbeiten, sonst sind es 1200. In der Zulassungsstelle in Lichtenberg erfolgt die Abfertigung nur noch nach telefonischer Anmeldung (90269-3300). Termine waren gestern erst für den 3. November erhältlich.
Doch die Mittel des Senats sind begrenzt, um die Streikfolgen abzuschwächen. Beamte zum Beispiel dürfen die Arbeit streikender Angestellter nicht ersatzweise übernehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat 1993 den Streikbrechereinsatz von Beamten für verfassungswidrig erklärt. Und einer Weisung muss der Beamte nicht folgen: Er kann deshalb disziplinarrechtlich nicht belangt werden.
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