Berliner Supermarkt-Chef bekommt drei Jahre Haft: Verurteilt für tödliche Selbstjustiz
Berlin - Der ertappte Dieb kauerte vor dem Supermarktchef, er hatte sich ergeben, als der Filialleiter plötzlich auf den wehrlosen Mann einschlug. „Sie haben Selbstjustiz ausgeübt“, hielten ihm die Richter am Montag vor.
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Berlin - Der ertappte Dieb kauerte vor dem Supermarktchef, er hatte sich ergeben, als der Filialleiter plötzlich auf den wehrlosen Mann einschlug. „Sie haben Selbstjustiz ausgeübt“, hielten ihm die Richter am Montag vor. Ein Angriff auf einen verletzten Mann, der eine Flasche Schnaps mitgehen lassen wollte. Der Schlag durch André S. sei mitursächlich für den Tod des Opfers drei Tage nach der Gewalt im Markt, urteilte das Landgericht Berlin. Gegen den Filialleiter ergingen wegen Körperverletzung mit Todesfolge drei Jahre und drei Monate Gefängnis.
Der kräftig gebaute André S. nahm das Urteil mit gesenktem Kopf und bleichem Gesicht zur Kenntnis. Zu Beginn des Prozesses hatte er gestanden, dem Dieb einen Schlag versetzt zu haben – „es sollte ja nur ein Ditsch sein“, sagte der 29-Jährige. „Ich wollte ihn belehren, nicht hart verletzen.“ Aus Frust über die alltäglichen Diebstähle in seiner Edeka-Filiale am Berliner Bahnhof Lichtenberg sei das geschehen. Er hatte den 34-jährigen Eugeniu B. auf frischer Tat ertappt und ihn in den hinteren Bereich der Filiale geführt. Dort misshandelte André S. den Mann vor laufender Überwachungskamera. Die Bilder dokumentieren eine erschreckende Routine der Gewalt. Es ist 8.12 Uhr, als B. am 17. September auf dem Boden in der Nähe des Lieferanteneingangs kauert. S. greift zu einem bereitliegenden Handschuh, der mit Quarzsand verstärkt ist. Die zweite Schlagbewegung führt zu einem Treffer. Dann ein Tritt. Ein Gewaltakt in wenigen Sekunden. Als S. sein Opfer vor die Tür setzt, greift ein Mitarbeiter wie selbstverständlich zur Wischmaschine und reinigt den blutigen Tatort.
Der aus Moldawien stammende Eugeniu B. war ohne Krankenversicherung in Deutschland. Ein Mann ohne Bleibe, gestrandet im Trinkermilieu am Bahnhof Lichtenberg. Drei Tage nach dem Angriff im Supermarkt verstarb er infolge eines Schädel-Hirn-Traumas. „Der Schlag durch den Angeklagten war mitursächlich – im Zusammenwirken kam es zum Tode“, heißt es im Urteil. Per Handy kommentierte der Täter den Übergriff – „menschenverachtend zynisches Verhalten, in dem Fall auch ausländerfeindlich“.
Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Kaufmann André S. gab im Prozess zu, dass die Gewalt gegen B. kein Einzelfall war. Er und weitere Mitarbeiter seien wegen der Klauerei gefrustet gewesen. Schläge, um Ladendiebe abzuschrecken – „wenn das einreißen würde, hätten wir Wildwest“, sagte der Richter. Selbstjustiz sei nicht zu akzeptieren.Kerstin Gehrke
Kerstin Gehrke
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