Lärmschutz: Vier Zentimeter dicke Scheiben gegen den Fluglärm
Zwei Tage Arbeit, etwas Staub und einige Pinselstriche - dann ist es oft schon geschafft. Beim Thema Schallschutz gegen Fluglärm zögern trotzdem viele. Ein Lärmschutzbeauftragter am Flughafen soll nun bei Problemen helfen.
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Schönefeld - In der Küche von Familie Schust im Einfamilienhaus in Waltersdorf (Dahme-Spreewald) ist es erstaunlich ruhig. Weder Autoverkehr noch Flugzeuge sind zu hören, hier, nicht weit vom neuen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg. Vier neue Lärmschutzfenster im Haus machen es möglich.
Rund 13 350 Haus- oder Wohnungseigentümer am künftigen Hauptstadtflughafen haben ihre vollständigen Anträge für Schallschutz bislang eingereicht. Wenige Wochen vor Eröffnung des Airports am 3. Juni hätten jedoch erst 4000 Betroffene den Vereinbarungen schriftlich zugestimmt, sagt Flughafenchef Rainer Schwarz vor dem Haus des Ehepaars Schust. Die Senioren gehören zu den 1200 Antragstellern, die ihre Maßnahmen bereits umgesetzt haben.
Der erwartete Lärm am Hauptstadt-Airport ruft seit langem Gegner auf den Plan. Einigen reicht das Angebot nicht aus. Sie wollen unter anderem ein absolutes Nachtflugverbot zwischen 22.00 und 6.00 Uhr erreichen. Derzeit soll zwischen 24.00 und 5.00 Uhr Ruhe sein. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hatte erst kürzlich gefordert, bei Einzelmaßnahmen für Anwohner großzügig zu verfahren.
Flughafenchef Schwarz kündigt an, dass auf Berechtigte mehr zugegangen werden soll. Er verspreche sich viel von der nun neu geschaffenen Position des Schallschutzbeauftragen. Peter Lehmann, der ab sofort im Einsatz ist, solle Mittler zwischen den Bürgern mit ihren Problemen und Fragen und dem Flughafen sein. Direkt am Flughafen werde eine Bürgerberatungsstelle eingerichtet.
Schwarz betont, dass die bereits bearbeiteten Lärmschutzmaßnahmen aus den rund 13 550 Anträge einen Umfang von etwa 40 Millionen Euro haben. Insgesamt stehen rund 145 Millionen Euro bereit. Auch in den kommenden Jahren könnten noch Anträge gestellt werden. Sollten durch Veränderungen im Endausbau weitere Bürger Ansprüche haben, würden sie ebenfalls berücksichtigt, sagt Schwarz.
Das Ehepaar Schust hatte bereits 2008 einen Antrag auf Schallschutz gestellt - bislang immer noch Ausnahme in seinem Heimatort. Innerhalb von zwei Tagen bauten Handwerker die vier Fenster in Küche, Wohn- und Schlafzimmer ein. „Es gab ein wenig Staub, es ging ganz schnell“, sagt die 76-jährige Irene Schust. Warum Nachbarn noch zögerten, könne sie sich nicht erklären. Mit ein paar Pinselstrichen seien alle Handwerkerspuren schnell beseitigt gewesen. Sie ist zufrieden und denkt auch an den Wert des Hauses, das einmal die Tochter erben soll.
Ihr 75 Jahre altere Ehemann Helmut erläutert, dass die Scheiben nun vier Zentimeter dick seien. Fluglärm komme nicht mehr in die Wohnung, obwohl man den eigentlich gewohnt sei. Das Paar lebe schon immer in der Nähe des Flughafens. Der Rentner hat sich schon in die Handhabung eines elektrischen Lüfters einweisen lassen. Der soll vor allem im Sommer für Frischluft trotz geschlossener Fenster sorgen.
Etwa 4500 Euro hat der Umbau bei Familie Schust gekostet. Jeder könne den Betrieb selbst wählen, betont Flughafenchef Schwarz. Auch Eigenleistungen seien möglich. „Es wird aber überprüft, ob der Schallschutz erreicht wurde.“
Gudrun Janicke
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