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Von Matthias Matern: Vom Whisky-Papst gesegnet

Seit 2004 brennt Torsten Römer mitten im Spreewald Single Malt Whisky. Die Fachwelt ist begeistert

Von Matthias Matern

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Schlepzig - Früher war Torsten Römer Radiologe am Klinikum Berlin-Steglitz. Heute brennt er mitten im Spreewald einen der besten Whiskys der Welt – zumindest, wenn man auf das Urteil von Jim Murray vertraut. Der als Whisky-Papst bekannte Engländer hat den „Sloupisti“ der Spreewälder Feinbrand- und Spirituosenfabrik aus Schlepzig (Dahme-Spreewald) in seine Whisky-Bibel 2010 aufgenommen. 94 von 100 möglichen Punkten verlieh Murray dem einzigen Single Malt Whisky Ostdeutschlands. „Lässt einem das Wasser im Munde zusammen laufen, genießen Sie die Klarheit der Aromen“, schwärmt der Whisky-Papst in seinem Feinschmecker-Almanach. Eine Adelung, die so manchen erfahrenen Whisky-Brenner bestimmt vor Neid erblassen lässt. Quereinsteiger Römer jedoch gibt sich gelassen: „Lob ist schön, aber eigentlich ist mir das Wurst. Ich mache anständigen Whisky, so wie ich ihn mir vorstelle“, sagt der 60-jährige Destillen-Chef, während um ihn herum eifrige Mitarbeiter die dickbäuchigen Kupferkessel im Schankraum polieren.

Eigentlich wollten Torsten Römer und seine Frau vor 18 Jahren nur ein kleines Wochenendhäuschen im Spreewald kaufen. Daraus geworden ist ein Hotel mit 19 Zimmern und sieben Suiten, ein Landgasthof, ein Brauhaus, ein kleiner Bauernhof mit einigen Kühen sowie mehr als 200 Obstbäumen und seit 2004 eine Brennerei. Nicht nur Whisky, sondern nahezu alles, was sich vergären lässt, wird in Schlepzig zu Hochprozentigem gebrannt und entweder im eigenen Restaurant ausgeschenkt oder aber in Flaschen abgefüllt verkauft: Im Angebot sind diverse Obstbrände, vom Quittenschnaps bis zum Wildkirschwasser, aber auch Rum. Wodka und Gin soll es ebenfalls bald geben. Dabei fühle er sich weder als Gastwirt noch trinke er gerne Schnaps oder Whisky, versichert Römer. „Ich muss ja auch nicht trinken, sondern nur kosten“, sagt er und lächelt etwas schelmisch.

Viel mehr sieht sich Römer als „Architekt light“ oder „Amateur-Architekt“. „Ich baue einfach nur gerne, hätte hier auch einen Blumenladen aufmachen können.“ Der Stolz des Bauherrn ist ihm durchaus anzumerken, wenn er Besucher über sein Gelände führt. Jeder Winkel wird gezeigt, begeistert werden Details erläutert. Wer von der Autobahn Berlin-Dresden kommend über Krausnick nach Schlepzig fährt, dem fällt als allererstes Römers rustikales Brauhaus und Hotel im Backstein-Fachwerk-Stil ins Auge. Das Hotel geht auf eine alte Schankwirtschaft aus dem 18. Jahrhundert zurück. Die meisten anderen Gebäude sind dagegen nicht wirklich alt, dafür aber aus altem Baumaterial, das Römer aus anderen verfallenen Häusern geholt hat, zusammengesetzt. Bereits mehrere Millionen Euro hat der gebürtige Bremer im Spreewald investiert, beschäftigt im Sommer bis zu 35 und über die Wintermonate mindestens 20 Mitarbeiter. Mittlerweile erstreckt sich sein Besitz zu beiden Seiten der Schlepziger Hauptstraße, insgesamt sind es fünf Hektar.

„Das müssen Sie sich natürlich alles gepflastert vorstellen“, erklärt Römer, während er gegenüber seines Hotels auf einen matschigen Innenhof zusteuert. In einem der umliegenden scheunenartigen Fachwerk-Gebäude werden gerade neue Bodenfliesen verlegt, zwei Türen weiter hobelt ein Tischler an neuem Interieur, hinter einem schweren Filzvorhang steht eine betagte Theke aus einer alten Berliner Kneipe. Es ist offensichtlich, Römer rüstet auf, will die Kapazitäten seiner Brennerei deutlich erweitern. Die neuen Kessel sind bereits geliefert. Seitdem Murray dem Spreewälder Whisky seinen Segen erteilt hat, kommt Römer mit dem Brennen kaum noch hinterher. „Das wird eine Probierstube für Whisky, wo man auch ein paar kleine Schweinereien zu essen bekommen kann“, erläutert Römer in einem weiteren Nebengebäude, das derzeit als Lager und Versandbüro dient. Dort klebt gerade eine von Römers Mitarbeiterinnen das Etikett der Spreewälder Feinbrand- und Spirituosenfabrik, ein prostender Storch mit Fliege und Zylinder, auf die eckigen Flaschen mit dem honiggelben Single Malt. Abhängig vom Alkoholgehalt, 40-prozentig oder als sogenannter Cask strength (Fassstärke) mit 62,8 Prozent, kostet die 0,7 Liter Flasche 49 oder 69 Euro. Zu kaufen gibt es den gesegneten Brand bislang aber nur in Schlepzig oder über Römers Internetseite.

Vom derzeit verfügbaren 2007er Jahrgang ist das meiste jedoch bereits verkauft. Gerade einmal anderthalb Fass von ursprünglich viereinhalb Fässern sind noch zu haben. Sogar in einer Bar in Tokio wird der „Sloupisti“ angeboten. Vermittelt durch den Sohn eines Bekannten, der in der japanischen Hauptstadt arbeite, räumt Torsten Römer ein. Wie der Spreewälder Single Malt allerdings in Murrays Hände geraten ist, ist Römer dagegen ein Rätsel. „Ich weiß nicht, woher er die Probe hatte, noch genau, welche Abfüllung er gekostet hat“, sagt der Brennerei-Betreiber. „Vermutlich aus einem 2005er Fass.“ Erst von einem Berliner Journalisten habe er erfahren, dass es der „Sloupisti“ als „Superstar-Whisky“ in Murrays Bibel geschafft hat.

Dabei klingt Römers Erfolgsrezept so schlicht, dass man sich fragt, was die Spreewälder Edelspirituose von einem Billigfusel unterscheidet. „Ein sauberer Malzbrand, ein Fass mit Geschichte und Zeit“ sei alles, worauf es ankommt, ist sich der Bremer Ex-Radiologe sicher. Fässer mit Geschichte zumindest lagern reichlich in Schlepzig, darunter mehrere aus dem mittelfränkischen Weißwein-Anbaugebiet, aber auch aus dem berühmten Weingut Château d’Yquem im französischen Bordeaux. Befüllt mit der nächsten Generation Whisky, Rum und verschiedenen Obstbränden liegen die sogenannten Barriques gestapelt in einem großen Gebäude am Ufer eines schmalen Spreearms, der sich träge durch Schlepzig schlängelt. „Da war vorher ein Silvaner aus Iphofen drin“, erzählt Torsten Römer und legt dabei seine Hand auf eines der Fässer. Mit weißer Kreide ist auf den rauen Holzdeckeln festgehalten um welchen Brand es sich handelt und wann er eingelagert wurde. Mindestens drei Jahre lang muss echter Whisky reifen.

Die „richtige Nase“ habe er sich erst „mühsam“ anlernen müssen, gesteht Torsten Römer. Auch seine beiden Brennmeister, ein Mann und eine Frau, sind Quereinsteiger. „Er war früher Maurer und sie hat zu DDR-Zeiten in einem Chemiefaserwerk gearbeitet. Das ist schon schräg. Aber so spielt halt das Leben“, meint der Brennerei-Chef.

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