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DIE LETZTEN TAGE DES KRIEGES IN BERLIN: Von Seelow bis zum Führerbunker

DER ANGRIFFEs wird die letzte große Schlacht des Zweiten Weltkriegs in Europa: Am 16. April beginnt die Rote Armee von den Seelower Höhen aus mit der Einkesselung Berlins.

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DER ANGRIFF

Es wird die letzte große Schlacht des Zweiten Weltkriegs in Europa: Am 16. April beginnt die Rote Armee von den Seelower Höhen aus mit der Einkesselung Berlins. Für die Offensive bringt das sowjetische Oberkommando 2,5 Millionen Soldaten, 6250 Panzer, 7500 Flugzeuge und 41 600 Geschütze in Stellung. Auf deutscher Seite kämpfen 800 000 Soldaten, darunter SS-Verbände, ausgedünnte Wehrmachts- und Volkssturm-Einheiten mit Männern über 60 Jahre und Jugendlichen. Die Deutschen verfügen nur über 800 Panzer und weniger als 100 Flugzeuge. Bereits am 18. April hatten die Sowjets die Seelower Höhen erobert – mehr als 72 000 Rotarmisten werden dabei getötet, auf deutscher Seite zählt man 12 300 Gefallene. Der Weg nach Berlin ist offen.

KAMPF UM BERLIN

Die Deutschen können den sowjetischen Vormarsch nicht mehr aufhalten. Am 21. April überschreiten erste Einheiten der Roten Armee bei Malchow die nordöstliche Stadtgrenze. Trotz der gegnerischen Übermacht befiehlt Hitler aus seinem Bunker an der Wilhelmstraße, Berlin „bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone“ zu verteidigen. In der Reichshauptstadt leben noch rund 2,7 Millionen Menschen (bei Kriegsbeginn waren es 4,3 Millionen). Nach mehr als 300 Luftangriffen mit bis zu 30 000 Todesopfern liegen weite Teile der Stadt in Trümmern. Während die Zivilbevölkerung in Luftschutzräumen und Kellern ausharrt, tobt in den Straßen der Häuserkampf. Als letztes Aufgebot schickt das Regime Angehörige der Hitlerjugend und ältere Männer in die Schlacht – Tausende verlieren ihr Leben.

LETZTES PROPAGANDAGEFECHT

Propagandaminister Joseph Goebbels beschwört noch einmal den Durchhaltewillen und Opfergeist der Berliner. Ab dem 23. April lässt er die vierseitige Zeitung „Der Panzerbär – Kampfblatt für die Verteidiger Groß-Berlins“ in der Stadt verteilen. Die letzte Nummer erscheint am 29. April unter der Titelzeile: „Heroisches Ringen. Bei Tag und Nacht neue Einsatzkräfte herangeführt“. Die Nachricht des Tages: „Der Kampf um den Stadtkern entbrannt.“ Im Leitartikel mit der Überschrift „Der längere Atem“ heißt es: „Zu verlieren haben wir nichts mehr. Wir haben alles verloren und würden durch Kapitulation uns selbst, unsere Zukunft, Frau und Kind, preisgeben.“ In der Stadt sind fliegende Standgerichte und Erschießungskommandos unterwegs. Mancherorts werden Deserteure kurzerhand an Laternenmasten aufgehängt.

KAPITULATION

Adolf Hitler heiratet am 30. April seine Lebensgefährtin Eva Braun im Bunker der Neuen Reichskanzlei. Gegen 15 Uhr zieht sich das Paar zurück, kurz darauf begehen die beiden Selbstmord. Über dem Reichstag weht schon die Sowjetfahne, die ein Rotarmist gehisst hat. Wie Joseph Goebbels und seine Frau Magda, die ihre sechs Kinder mit Blausäurekapseln vergiftet, nehmen sich in diesen Tagen Tausende Berliner das Leben; fanatische Nazis, Denunzianten, Mitläufer – aber auch unter den Frauen, die zu Zehntausenden von Rotarmisten vergewaltigt werden, wählen manche aus Scham den Freitod. 7057 Suizide zählt die Statistik nach Kriegsende, wahrscheinlich waren es deutlich mehr.

STUNDE NULL

Am 2. Mai unterzeichnet Helmuth Weidling, Kampfkommandant von Berlin, am Schulenburgring in Tempelhof die Kapitulation – fünf Tage bevor Generaloberst Alfred Jodl im französischen Reims die Kapitulation für alle deutschen Streitkräfte unterschreibt. Die Russen lassen General Wilhelm Keitel die Zeremonie in der Nacht zum 9. Mai in Karlshorst wiederholen, um ihre Rolle als Befreier Berlins zu unterstreichen. Briten, Amerikaner und Franzosen ziehen erst Wochen später in die Stadt ein. Am 5. Juni 1945 übernimmt der Alliierte Kontrollrat die Regierungsgewalt. In der Trümmerstadt läuft bereits der Wiederaufbau.Stephan Wiehler

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