Von Andreas Wilhelm: Vorzeigeunternehmer in Bredouille
Als Carport-Bauer machte Oliver Enderlein Karriere. Nun haben ihn Geschäftspartner angezeigt und er glaubt an eine Verschwörung
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Strausberg - Oliver Enderlein war gern in der Öffentlichkeit – als mit ihm bergauf ging. Seit seinem 14. Lebensjahr, als er seine erste Internetseite zum Carportbau erstellte, ging es immer nur aufwärts für ihn. Seine Firma Dacapo in Herzfelde (Märkisch-Oderland), die sich auf den Bau von Carports spezialisiert hatte, und bei der man sich übers Internet den Unterstand fürs Auto selbst konzipieren und bestellen kann, machte ihn innerhalb kürzester Zeit zum Millionär. Er räumte Gründer- und Unternehmer-Preise ab, schaffte Arbeitsplätze und schüttelte Politikern die Hände – bzw die ihm. Begleitet wurde der smart lächelnde, blauäugige Jungunternehmer immer von den Medien. Bei RTL trat er unter anderem als Protagonist für eine Show auf, in der reiche Alleinstehende einen Partner fürs Leben suchen.
Doch nun steht Oliver Enderlein, 24 Jahre alt, wieder im Rampenlicht. Allerdings unfreiwillig. Er hat die Firma verkauft, alle Mitarbeiter und Lehrlinge sind entlassen und der neue Eigentümer hat Insolvenz angemeldet. Und seine Geschäftspartner, oder die, die es mal werden sollten, haben ihn wegen Insolvenzverschleppung angezeigt, sagt Carsten Schütt, der als Betriebsleiter fast ein Jahr für Enderlein gearbeitet hat und Prokurist werden sollte.
Das brandenburgische Landeskriminalamt (LKA) bestätigte am Freitag gegenüber den PNN, dass in dem Fall erste Untersuchungen durchgeführt werden. Jedoch sei dies noch kein Indiz, so LKA-Sprecher Toralf Reinhardt. Jeder mutmaßliche Fall von Wirtschaftskriminalität werde von der örtlichen Dienststelle an die Landesbehörde weiter geleitet.
Matthias Haensch, Sprecher der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), meinte, dass ein Anhörungsverfahren eingeleitet worden sei. „Wir sind offiziell nicht informiert worden, dass Herr Enderlein verkauft hat“, so der Pressesprecher. Der Unternehmer habe insgesamt zwei ILB-Förderungen bekommen, deren Summe „im niedrigen sechsstelligen Bereich“ liege. Der kleinere Teil sei ein Zuschuss zur Markterschließung gewesen und nicht an Arbeitsplätze geknüpft. Für die zweite Fördersumme seien jedoch die Bindungsfristen für vier Beschäftigte noch nicht abgelaufen. „Herr Enderlein hat jetzt Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen“, so der ILB-Sprecher.
„Enderlein hat schon vor einem halben Jahr gewusst, dass die Firma nicht mehr arbeitsfähig ist“, begründet Ex-Betriebsleiter Schütt seine Vorwürfe. Anstatt etwas dagegen zu unternehmen, habe der Dacapo-Chef einfach so weiter gemacht, sagt Schütt und beschreibt eine abwärts führende Spirale: „Bausätze wurden nur zur Hälfte geliefert, die Kunden endlos vertröstet, die Monteursfirmen und Lieferanten wurden nicht mehr bezahlt, was wiederum dazu führte, dass sich die Kunden beschwerten“, so Schütt, der nach eigenen Angaben als Gesellschafter-Anwärter selbst 100 000 Euro in das Unternehmen eingebracht hatte. Von dem weiteren Erfolg des Carport-Betriebes ausgehend, habe er investiert. „In die Bilanzen habe ich damals noch nicht geschaut“, sagt Schütt und gibt seine Blauäugigkeit zu. Das Konzept und das Erscheinungsbild seien ihm Investitionsgrundlage genug gewesen.
Auch Torsten May, ein weiterer potenzieller Partner und ehemaliger Holz-Lieferant, beteiligt sich an der Strafanzeige gegen Enderlein. Auch er habe 100 000 Euro eingebracht, sagt May. „Das Geld ist sofort für offene Rechnungen drauf gegangen.“ Zusammen mit nicht bezahlten Holzlieferungen, Honoraren und Verkaufsprovisionen summieren sich seine Außenstände bei Dacapo auf 220 000 Euro, sagt May. Von dem Geld heute etwas wieder zu sehen, das die Beinah-Teilhaber mittels Darlehensvertrag abgesichert wähnten, daran können May und Schütt nicht mehr glauben.
Oliver Enderlein selbst sieht sich als Opfer einer Kampagne, wie er am Telefon aus seinem Skiurlaub in Frankreich deutlich machte. Seine potenziellen Teilhaber Schütt und May wollten ihn seiner Auffassung nach aus der Firma drängen. Enderlein sagt: „Sie haben Kunden und auch Mitarbeiter für eigene Aufträge abgeworben.“ Warum der neue Eigentümer der Firma Dacapo, ein Philip le Bron aus Österreich, Insolvenz angemeldet habe, wolle er kommende Woche herausfinden, so Enderlein, der auch Schwachstellen im Management und vereinzelt Probleme bei Lieferungen einräumte. Enderlein vermutet nun, dass auch dahinter May und Schütt stecken, „weil sie günstig aus Insolvenzmasse kaufen wollen“. Bei der ILB und beim Arbeitsamt habe er den Verkauf rechtzeitig angezeigt, versichert Enderlein, der am Sonntag wieder nach Deutschland kommen und alles klären will.
Andreas Wilhelm
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