Aus dem GERICHTSSAAL: „ Zechpreller“ wollte nur Zigaretten holen
Angetrunkener beleidigte Kellner und Polizisten
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Aus dem GERICHTSSAALAngetrunkener beleidigte Kellner und Polizisten „Der Mann sagte zu uns: Ihr seid richtig doofe Polizisten. Wisst Ihr überhaupt, was Ihr hier macht? Ich bin Potsdams größter Bauunternehmer“, rekapituliert Marko B. (29) die turbulenten Ereignisse des 5. Mai 2004. Der Polizeibeamte wurde an jenem Abend von Angestellten des Café Heider gebeten, einen Betrunkenen zur Räson zu bringen. Der sollte die Zeche geprellt haben. Nun war die mit 3,80 Euro nicht immens hoch. Gewaltig war allerdings die Blutalkoholkonzentration des später vorübergehend Festgenommenen mit 2,45 Promille. „Auf dem Weg in den Streifenwagen titulierte er uns als Penner und dumme Arschlöcher“, empört sich der Polizeizeuge. „Hätten wir ihm keine Handschellen angelegt, wäre er ins Lokal zurückgestürmt und hätte es zerlegt.“ Nach der Nacht im Gewahrsam – so die Anklage – bezeichnete der inzwischen ernüchterte Wüterich die Uniformierten der Frühschicht als blöd und bescheuert. „Ich hatte einen Kellner im Heider gebeten, mir Zigaretten aus dem Automaten zu ziehen“, resümiert Johannes J. (53, Name geändert) auf der Anklagebank. Da seine Sorte nicht vorrätig war, wollte er rasch ins benachbarte Barokoko gehen. Plötzlich sei er von Gaststättenmitarbeitern festgehalten, zu Boden gedrückt und der Zechprellerei beschuldigt worden. Er habe an diesem Abend private Probleme im Alkohol in verschiedenen Lokalen ertränken wollen. „Kann sein, dass ich da ein bisschen ausfallend geworden bin“, räumt der wegen Beleidigung Vorbestrafte ein. In der Tat haute Johannes J. auch den Heider-Mitarbeitern wenig schmeichelhafte Bezeichnungen um die Ohren, entschuldigte sich allerdings wenig später bei ihnen. Bei den Polizisten holt er es während der Verhandlung nach. „Als ich in der Ausnüchterungszelle wach wurde und sah, dass ich mit einer Hand an einen Haken gekettet war, ohne Schuhe, Handy und ohne Uhr, dachte ich schon, dass ich wieder einmal Mist gebaut habe“, meint der Potsdamer selbstkritisch. Im selben Moment sei ihm allerdings seine Arbeit eingefallen. „Ich bin selbstständiger Dachdecker und habe 20 Angestellte. Ich wollte schnellstens in den Betrieb und dort die Weichen für den Tag stellen.“ Aber die Polizei habe ihm eröffnet, er müsse sich um neun Uhr einer Beschuldigtenvernehmung unterziehen. „Da hätten Sie sich überhaupt nicht äußern müssen“, wirft Amtsrichterin Judith Janik ein. „Die konkrete Gefahr, wegen der Sie abends in Gewahrsam genommen wurden, war vorüber.“ Johannes J. – er glaubt immer noch nicht, sich im Rausch als Baulöwe aufgespielt zu haben – beteuert: „Ich wäre ja pünktlich wiedergekommen. Aber da führte kein Weg rein.“ Im Nachhinein tue es ihm Leid, auch noch die Beamten der Frühschicht belegt zu haben. Derartige Reue freut das Gericht. Es stellt das Verfahren gegen den Unternehmer gegen Zahlung einer Geldbuße von 1000 Euro ein. Gabriele Hohenstein
Gabriele Hohenstein
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