Landeshauptstadt: 15 Jahre Laborarbeit
Nach Wendequerelen betreuen über 50 Mitarbeiter des ehemaligen Hygiene-Instituts 700 Ärzte
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Hermannswerder - Den ehemalige Staatsekretär Detlef Affeld wird Biologin Nora-Catharina Schlüter nie vergessen: Nein, nicht weil der frühere Mitarbeiter des Sozialministeriums nach der Wiedervereinigung ihren Arbeitsplatz schließen wollte. Sondern wegen seiner häufigen Besuche vor Ort in der Küsselstraße 9 auf Hermannswerder. Grund dafür war nicht etwa die geplante Abwicklung des Hygiene-Instituts Potsdams. Affeld interessierte sich offenbar mehr für die antiken Möbel, vermutet Schlüter. Im Labor in er Gründerzeitvilla standen nämlich noch die originalen Möbel des ehemaligen Besitzers, einem holländischen Fabrikanten. Und diese Antiauitäten wollte Affeld unbedingt haben, erinnert sich Schlüter.
Es sei einer „immer wieder gern erzählte Anekdote“ in dem 1991 gegründeten privaten Labor, wie der nordrhein-westphälischen Aufbauhelfer regelmäßig vor der Tür in der Küsselstraße stand, und die Herrausgabe der Möbel forderte. „Erst haben wir uns geweigert“, so Schlüter aber dann habe Affeld eines Tages den Mitarbeitern „die Pistole auf die Brust gesetzt“ und sie einfach abtransportiert – ins Ministerium. Als ein Kollege von Schlüter Jahre später einen Termin bei Staatsekretär Affeld hatte, sah er sie in seinem Büro stehen.
Während Affeld längst nicht mehr Staatssekretär ist, gibt es das Medizinische Labor dagegen noch immer. Trotz aller Anfangsschwierigkeiten hat sich die Zahl der Mitarbeiter seit damals sogar um mehr als 20 auf über 50 erhöht.
„Von einem Tag auf den anderen“ hatte Affeld ihnen im Dezember 1990 angekündigt, dass das Hygieneinstitut bis Jahresende abgewickelt werde. „Wir müssen was tun“, hatte Nora-Catharina Schlüter damals gedacht. Denn 33 Arbeitsplätze standen plötzlich auf dem Spiel – inklusive der der heute 59-jährigen. Und so haben Institut übernommen, sich selbstständig gemacht, neue Gerätschaften gekauft, Kredite aufgenommen.
Ein Unternehmensberater unterstützte die vier Firmengründer. Trotzdem standen sie immer wieder vor riesigen Schwierigkeiten: Die Banken wollten so kurz nach der Wende die Kredite für dringend notwendige Apparate nicht geben. „Weil wir alle aus dem Osten kamen“, so Schlüter. Nur, weil einige der Inhaber Häuser besaßen, die als Sicherheit eingesetzt werden konnten, konnte das Labor dann doch noch aufrüsten. Zudem überließ ihnen das Land Brandenburg die Brutschränke und Mikroskope des Hygieneinstituts, das zu DDR-Zeiten neben Gewässer- oder Schadstoffuntersuchungen vor allem Proben für die Krankenhäuser, Polykliniken und Gesundheitsämter testete und auswertete. Einen Großteil dieser Stammkundschaft konnte auch das neue Labor übernehmen. Vor allem die ehemaligen niedergelassenen Polyklinik-Ärzte. Heute betreuen die Laboranten auf Hermannswerder 700 Ärzte in Brandenburg, Berlin und Sachsenanhalt – immer noch in der Fabrikantenvilla.
Wo die Möbel daraus sind, ist mittlerweile allerdings unbekannt. In Affelds ehemaligen Arbeitsräume stehen sie jedenfalls nicht mehr. just
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